: Gast aus Stein
Endlich getauft: Elbfindling hört auf den Namen „Alter Schwede“. Oder auch nicht. ■ Von Susan Quast
Es soll Eltern geben, die warten mit der Taufe ihres Kindes, bis es selbst entscheiden kann, ob es sich einer Religion zugehörig fühlt. Doch so lange wie der Hamburger Elbfindling hat noch kein Täufling auf das weihende Wasser gewartet: Im stolzen Alter von etwa 1,8 Milliarden Jahren wurde der Granitbrocken gestern vom schwedischen Generalkonsul Leif H. Sjöström und Hamburgs zweiter Bürgermeisterin Krista Sager unter Aufsicht des schwedischen Pastors Ernst-Arne Detert mit Elbwasser auf den Namen „Alter Schwede“ getauft.
Denn der sechs Meter hohe und 217 Tonnen schwere Stein, da sind sich Geologen sicher, ist während einer Eiszeit vor 135000 bis 400000 Jahren aus dem schwedischen Ostsmaland durch das Ostseebecken in die Elbe „eingewandert“.
Sowohl Krista Sager als auch Leif Sjöström priesen die lange und freundschaftliche Beziehung zwischen Schweden und der Hansestadt und warben für Toleranz und menschliches Miteinander gegenüber Einwanderern ganz gleich welcher Größe und Herkunft. Allerdings dürfen sich zumindest steinerne Einwanderer deshalb ihren Wohnort noch lange nicht selber aussuchen: Der Findling war im vergangenen Oktober aus der Elbe gehoben worden, weil er dort die Fahrrinne verstopfte.
Der gestrige Tag war für die Taufe bewusst gewählt. Am 6. Juni feiern die Schweden ihren Nationalfeiertag und heißen neue Staatsbürger offiziell willkommen. Außerdem beginnt an diesem Tag das „Midsommarfest“ der schwedischen Gemeinde, die die Hamburger noch bis zum 12. Juni zum gemeinsamen Feiern auf den Rathausmarkt einladen.
Sjöström hat in einem Wörterbuch aus dem 19. Jahrhundert recherchiert, dass „Alter Schwede“ kein abfälliger Begriff ist, sondern einen „alten, ehrlichen Kerl“ definiert. Er nahm den Ostsmalandgranit vor circa 100 schaulustigen Schweden und Hamburgern als offizielles Mitglied der schwedischen Gemeinde auf.
Der Alte Schwede ließ seine Taufe unkommentiert. Irgendwie schien ihm der ganze Rummel und die vielen freundlichen Worte etwas suspekt zu sein...
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