: Innensenator soll Kampfhunde töten
■ Die Bürgerschaft hat gestern Leinen- und Maulkorbzwang für insgesamt zehn „gefährliche Rassen“ verhängt / Kritiker Wolfgang Apel vom Tierschutzbund: Verordnung ist „halbherzig“
Vom Bärenjäger zum Star der Bürgerschaft. Gestern hatte sie ihren großen Tag, die Bordeaux-Dogge. Denn sie, und nur sie, wurde begnadigt. Erscheint nicht in der Liste der gefährlichen Hunde, die Teil ist der neuen Polizeiverordnung zum Thema Kampfhunde und die die Bürgerschaft gestern beschlossen hat. Denn die „Dogge de Bordeaux“, so hat die CDU extra recherchiert, ist „in keinster Weise auffällig geworden“. Noch nicht. Das war das freundlichste Detail der gestrigen Debatte zum Thema.
Zehn Rassen – neben dem ordinären Pitbull Wesen mit so klangvollen Namen wie Mastin Espanol, Dogo Argentino oder gar Tosa Inu – gelten fortan als gefährlich. Halten dürfen BremerInnen die scharfen Scheißer nur, wenn die Polizei es erlaubt. Und die darf es nur erlauben, wenn „ein berechtigtes Interesse an der Haltung von Kampfhunden besteht“, beispielsweise „die Haltung der Hunde der Bewachung eines besonders gefährdeten Besitztums dient“. Weitere Bedingungen sind außerdem, dass die Viecher ausbruchssicher untergebracht sind, und dass Herrchen oder Frauchen über die „erforderliche Zuverlässigkeit“ verfügen. Schläger, Zuhälter, Vergewaltiger, besoffene Straftäter, Tierquäler, Junkies besitzen eine solche Zuverlässigkeit, heißt es im Gesetz, „in der Regel nicht“. Aber solche Herrchen bleiben nur außen vor, wenn sie polizeibekannt sind. Denn, so steht es in den Erläuterungen: „Eine Zuverlässigkeitsprüfung findet nach der Regelung nicht statt.“ Und damit das nicht möglicherweise zum Verhängnis wird, dürfen Kampfköter fortan nur noch mit Leine und Maulkorb raus.
Die Bürgerschaft demonstrierte gestern Einmütigkeit. Auch die Grünen beschieden Zustimmung, wenn auch nicht einstimmig.
„Halbherzig“, sagt Wolfgang Apel zu der ganzen Angelegenheit. Wolfgang Apel ist Vorsitzender des Bremer Tierschutzvereins und Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. 22 „so genannte Kampfhunde“ hocken derzeit im Tierheim Hemmstraße, die meisten „liebenswerte Tiere, völlig unauffällig“. Im Heim abgeliefert, weil ihre Halter offenbar verunsichert waren und die Viecher loswerden wollten. „Ich nehme kein weiteres“, erklärte Apel gestern. Seiner Meinung nach reicht es nicht, sich auf wenige Rassen zu beschränken. „Feige“ seien die Politiker, dass sie sich beispielsweise nicht an Schäferhunde herantrauten: „Die meisten Beißunfälle passieren mit Schäferhunden.“ Das gilt auch für Bremen: 1999 wurden 52 Menschen von Hunden gebissen, elf von Deutschen Schäferhunden, die damit die größte Gruppe einer Rasse sind. Von Kampfhunden aller Art – auch Dobermännern oder Rottweilern, die nicht auf dem Index stehen – wurden 22 Menschen gebissen. „Ich habe nichts gegen den Schäferhund“, stellte Apel gestern klar. Die grundsätzlichen Probleme seien jedoch außen vor geblieben: Aggressive Züchtung, Dressur auf den Menschen, Hundeprüfung auf den Mann seien nach wie vor erlaubt. „Wir brauchen ein Heimtierzuchtgesetz“, forderte Apel. Keine Verordnung mit einer Rassenliste von Tieren, die eh' keiner hat. Der „Tosa Inu“ beispielsweise, weiß Apel zu berichten, sei in Bayern wieder vom Index genommen worden, weil er vom Aussterben bedroht sei.
Den Ansatz, die Halter zu überprüfen, findet der Tierschutzmann „nicht schlecht“. Aber was solle man davon halten, dass eine mögliche Daseinsberechtigung von Kampfhunden im Bewachen liege? „Gibt's heute keine Alarmanlagen?“ Apels Fazit: „Die Verordnung ist der Bürgerschaft ein Alibi, der Kampagne gegen Kampfhunde zu begegnen.“ Mit Blick auf seine 22 fortan als gefährlich geltenden Heiminsassen sagt Apel: „Ich lass' mich nicht zur Tötungsanstalt machen. Schulte soll die Spritze selbst in die Hand nehmen.“ sgi
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