piwik no script img

Das Krankenhaus Moabit wehrt sich

Klage gegen den Schließungsbescheid eingereicht. Kassen wollen mit Boykottmaßnahmen die Klinik austrocknen

Das Krankenhaus Moabit will sich gleich zweimal vor Gericht gegen die vom Senat angeordnete Schließung wehren. Die Krankenhausleitung hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Schließungsbescheid der Gesundheitsverwaltung eingereicht. Außerdem will sie gegen die Krankenkassen eine einstweilige Anordnung erwirken.

Vor zwei Wochen hat Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) der Geschäftsführung mitgeteilt, dass das Krankenhaus Moabit innerhalb von vier Wochen schließen müsse. Begründet wurde dies damit, dass die Versorgungsregion „Mitte“, zu der Friedrichshain, Kreuzberg, Mitte, Tiergarten und Wedding gehören, 1.500 überzählige Betten habe. Die Gesundheitsverwaltung will in diesem Jahr im Krankenhausbereich 200 Millionen Mark einsparen. 130 Millionen Mark erhofft sie sich von der Schließung Moabits.

In dem Krankenhaus in der Turmstraße gibt es derzeit 527 Betten. 400 Betten sollen wegfallen. Die restlichen, darunter die des Tumorzentrums, sollen in andere Kliniken wie das Krankenhaus Friedrichshain verlegt werden.

Doch das kann noch dauern. Denn bis die Klage gegen den Schließungsbescheid entschieden ist, kann das Krankenhaus offen bleiben. Der Anwalt der Klinik rechnet mit einer Entscheidung erst in zwei Jahren. Fällt das Urteil zu Gunsten der Gesundheitsverwaltung aus, will das Krankenhaus in die nächste Instanz gehen. „Bis dahin bleibt alles so wie es ist“, so der Ärztliche Leiter, Gerhard Fabricius.

Das wissen auch die Krankenkassen, die die Bettenreduzierung vehement fordern, um das Klinikbudget zu reduzieren. Um die Schließung dennoch zu beschleunigen, haben die Kassen Anfang der Woche einen Brief an rund 800 niedergelassene Ärzte geschickt. Darin teilen sie mit, dass das Krankenhaus Moabit „für die Versorgung der Bevölkerung in Berlin nicht mehr benötigt wird“. Der Rechtsanwalt der Klinik, Wolfgang Kuhla, will deshalb eine einstweilige Anordnung erwirken, in dem den Kassen untersagt wird, die Ärzte zum Boykott aufzufordern. Um das Krankenhaus weiter „austrocknen“ zu lassen, soll auch die Verweildauer der Patienten begrenzt werden: Die Kassen haben angekündigt, die Kosten nur noch für eine bestimmte Dauer zu übernehmen. Bleiben die Patienten länger, muss das Krankenhaus dies extra beantragen. Die Kassen begründen ihre Maßnahmen damit, dass die Verweildauer in Moabit im Vergleich zu entsprechenden Krankenhäusern im Bundesgebiet zu hoch sei. Rechtsanwalt Kuhla hält dieses Verfahren für rechtswidrig. Die Durchschnittsverweildauer liege bei 9,7 Tagen. Das sei für eine Klinik mit psychiatrischer Abteilung sehr wenig.

JULIA NAUMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen