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Schulte entdeckt 11.000 falsche Bremer

■ „Begrüßungsgeld“ soll Studis Bremer Wohnsitz schmackhaft machen / Bremen will für die Neubürger Länderfinanzausgleich kassieren / Auf kurzen Geldsegen könnte langer Kater folgen

Seit Jahren grübeln Bremens Politiker, wie sie den Einwohnerverlust aufhalten können. Bremens Finanzmisere hat nämlich unter anderem damit zu tun: Jeder Einwohner bringt jährlich 6.000 Mark ins Landessäckel, die fehlen, wenn er sich abmeldet. Jetzt entdeckte Innensenator Bernt Schulte (CDU) eine stille Reserve, die zwar seit Jahren öffentliche Leistungen in Bremen in Anspruch nimmt, aber beim Finanzausgleich nicht mitzählt: Von den rund 26.000 in Bremen eingeschriebenen StudentInnen sind über 11.000 nicht im Land gemeldet. Wenn sie alle sich nach Bremen ummelden würden, kämen Jahr für Jahr 66 Millionen Mark zusätzlich in die Kasse – das entspricht sieben Prozent der Neuverschuldung.

Auch wenn ein Teil im Umland wohnt und dort auch bleiben will, erhofft sich der Innensenator hier ein beträchtliches Potenzial zur Entspannung der Landesfinanzen. Dazu kommen noch jene angehenden Akademiker, die in Bremen nur ihren zweiten Wohnsitz haben: Auch sie zählen beim Länderfinanzausgleich nicht mit. Nach dem Meldegesetz müssten sie aber ihren Hauptwohnsitz in Bremen anmelden, weil durch das Studium ihr Lebensmittelpunkt hier liegt. „Die Rechtslage ist da eindeutig“, sagt Dieter Matthey vom Innenressort. Allein, bislang fehlt den Behörden die rechtliche Handhabe, so etwas zu kontrollieren.

Deshalb erwägt das Land nun ungewöhnliche Maßnahmen, um neue Bürger zu gewinnen. Bequemen Erstsemestern könnte der Schritt zur Einbürgerung mit einer mobilen Meldestelle auf dem Campus erleichtert werden. Den Erlass des Semesterbeitrags zieht das Innenressort da ebenso in Betracht wie Gutscheine für Kultur und Freizeit oder Zuschüsse zu Umzug und Miete. Für Frank Sobich vom AStA-Vorstand gehen die Überlegungen in die richtige Richtung: „Wir wollen das Würzburger Modell. Da übernimmt die Stadt die Semestergebühren für Zugezogene.“

Vorreiter war Leipzig: Dort zahlt die Stadt neu angemeldeten StudentInnen schon seit dem vorigen Jahr die Semestergebühren in Höhe von 94 Mark – für die gesamte Dauer des Studiums. Damit konnte die Stadt 600 neue Einwohner gewinnen. Obwohl sie anders als Bremen lediglich vom kommunalen Finanzausgleich profitiert, brachte das Mehreinnahmen in Höhe von 400.000 Mark. Weitere Hochschulstandorte, vor allem in Sachsen und Thüringen, wollen jetzt nachziehen. Essen erwägt sogar, zusätzlich das Semesterticket zu übernehmen. Aber auch erste Kritik an der Praxis wurde schon laut. Ein Leipziger Jura-Student fühlt sich als Einheimischer diskriminiert und hat vor dem Verwaltungsgericht auf Gleichbehandlung geklagt.

Der Bremer Innensenator denkt schon weiter: Nach einer Änderung des Melderahmengesetzes will er das Melderegister mit den Daten der Universität abgleichen. Dann könnten säumige StudentInnen gezwungen werden, ihrer Meldepflicht nachzukommen. Die Universität ist von diesen Plänen wenig begeistert: „Anreize wollen wir gern unterstützen, auch bei der Immatrikulation auf die Meldepflicht hinweisen“, sagt Uni-Sprecher Uwe Gundrum, „aber beim Datenabgleich machen wir nicht mit – das erscheint uns datenschutzrechtlich bedenklich.“

Langfristig könnte das Pochen auf die Meldepflicht für Bremen zum Bumerang werden: Wenn der Melde-Trick sich herumspricht und die meisten Hochschulstandorte ihn nachahmen, wird die Hansestadt zu den Verlierern gehören. Gemessen an der Einwohnerzahl ist Bremens Uni relativ klein. Deshalb verlassen mehr StudentInnen das Land, als es aufnimmt. Unter dem Strich würden deshalb Exil-Bremer die Einwohnerzahlen von Göttingen, Freiburg oder Marburg in die Höhe treiben. not

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