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Zigaretten absolut ehrlich

Rauchen light gibt es bald nicht mehr: Dabei will das Europaparlament stärker auf die Gefahren des Nikotingenusses verweisen und die Schadstoffe im Tabak begrenzen

BRÜSSEL taz ■ Designern von Zigarettenpäckchen stehen harte Zeiten bevor. Zart besaiteten Rauchern auch. Geht es nach den Vorstellungen der Mehrheit des Europaparlaments, soll in Zukunft 35 Prozent der Vorderseite und 45 Prozent der Rückseite einer Zigarettenschachtel mit Warnhinweisen bedruckt sein. Nur der Vorschlag des Umweltausschusses, Porträts krebszerfressener Menschen oder Raucherbeine zum obligatorischen Packungsaufdruck zu machen, fand im Plenum gestern in Straßburg keine Mehrheit.

Ammoniak, dem eine süchtig machende Wirkung zugeschrieben wird, ist künftig als Zusatz in Zigaretten verboten. Der Teer- und Kohlenmonoxidgehalt soll von 2004 an zehn Milligramm pro Zigarette nicht mehr übersteigen, der Nikotingehalt auf ein Milligramm beschränkt sein. Verharmlosende Beinamen wie „light“ oder „mild“ dürfen sich die Marken nicht mehr zulegen.

„Wenn man den Lobbydruck bedenkt, können wir mit dem Ergebnis zufrieden sein“, bewertete die grüne EU-Abgeordnete und Verbraucherschutzexpertin Hiltrud Breyer das Ergebnis.

Die Tabakindustrie hatte mit dem Verlust von einer Million Arbeitsplätze gedroht. Auch die Finanzminister dürften das Abstimmungsergebnis mit gemischten Gefühlen sehen: Sie kassieren jährlich 120 Milliarden Mark an Tabak- und Mehrwertsteuer.

Deshalb ist fraglich, ob vom jetzigen Richtlinienentwurf, in den das Parlament 200 Änderungsanträge eingearbeitet hat, am Ende viel übrig bleibt. Noch in diesem Monat werden sich die EU-Minister wieder mit dem Thema befassen. Im Herbst soll dann die zweite Lesung im Parlament stattfinden.

Auf die ganze Diskussion wird ein Termin nicht ohne Einfluss bleiben, der heute in Luxemburg stattfindet. Beim Europäischen Gerichtshof plädiert der Generalanwalt in Sachen Bundesregierung gegen Europäische Union. Die Bundesregierung hat gegen das EU-weite Werbeverbot für Tabak geklagt, das 2001 in Kraft treten soll. Dabei handle es sich nicht um eine Binnenmarktangelegenheit, sondern um den Gesundheitsschutz, und der sei Ländersache. Nach Schätzungen der deutschen Werbewirtschaft geht es auch hier um viel Geld – auf 700 Millionen Mark schätzt sie ihre Einbußen, wenn die die Richtlinie in Kraft treten sollte.

Finanzielle Argumente führt auch die EU-Kommission ins Feld. Die medizinische Versorgung von Menschen, die das Rauchen krank gemacht habe, gehe in die Milliarden. Das Krankmachen selbst lässt sich die EU allerdings auch einiges kosten. Die Tabakpflanzer werden mit jährlich zwei Milliarden Mark subventioniert.

DANIELA WEINGÄRTNER

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