ein jahr kosovokrieg: Der Tag: Dienstag, 15. Juni 1999
Hass und Chaos
Im Kosovo herrscht Chaos. Es passiert das, was alle westlichen Entscheidungsträger befürchtet haben, aber nicht auszusprechen wagten: Die Stunden zwischen dem Abzug der Serben und der vollen Kontrolle durch die Kfor wird zu einem Höhepunkt des Hasses. Die Kfor kann gar nicht schnell genug vorrücken, um die in vielen Dörfern aufflammende Gewalt zu verhindern. Nach und nach entdecken Soldaten der Friedenstruppe die Zeugnisse der serbischen Brutalität. In Velika Krusa finden sie 20 halb verweste und verkohlte Leichen. In Pec sind es zwei Massengräber – 120 Leichen in jedem.
In Gnjilane schleudert ein Serbe eine Handgranate in eine albanische Menschenmenge, die den Einzug der Kfor feiert. 13 Menschen werden schwer verletzt, darunter zehn Kinder. Die ohnmächtige Trauer vieler Kosovo-Albaner über solches Grauen kummuliert zur Rache der UÇK. Deren Kämpfer zünden serbische Häuser an, vertreiben die Bewohner, erschlagen Männer. 33.000 Serben fliehen heute aus dem Kosovo. Die aus Albanien und Makedonien zurückströmenden Flüchtlinge komplettieren das Chaos: 20.000 allein heute. 50.000 Kosovo-Albaner verlassen ihre Verstecke in den Wäldern. HAR
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