piwik no script img

Parteienstreit um verschärftes Polizeigesetz

■ Schulte kritisiert „SPD-Blockadehaltung“ und droht mit Koalitionsausschuss

Nach Monaten der Hinterzimmer-Dramaturgie ergreift jetzt auch der Bremer Innensenator das Wort zur geplanten Novellierung des Bremer Polizeigesetzes. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“. Die SPD dürfe den Gesetzgebungsprozess nicht länger verzögern, zumal viele wesentliche Punkte bereits mit dem SPD-geführten Justiz-Ressort und dem Datenschützer abgestimmt seien, so Innensenator Bernt Schulte (CDU). „Jeder Konflikt, den die Bremer Polizei auf Grund der heutigen Gesetzeslage nicht adäquat beantworten kann, weckt Zweifel an der Handlungsfähigkeit der großen Koalition“, warnte er. „Ich erwarte, dass der Präsident des Senats, Justizsenator Henning Scherf, sich in seiner Partei durchsetzt.“ Sonst müsse der Koalitionsausschuss tagen.

Strittig zwischen den Koalitionären, aber unabdingbar aus Sicht Schultes, sind vor allem vier Punkte im Gesetzesentwurf, darunter der gezielte Todesschuss. Dazu Schulte gestern: „Die Beendigung eines Geiseldramas wie in Luxemburg ist in Bremen heute noch unmöglich.“ Dabei schulde man „potenziellen Opfern solcher Gewalttaten und der Polizei klare gesetzliche Regelungen“. Auch die von der SPD abgelehnten profilaktischen Kontrollen bei Verdacht auf internationale Verbrechen und der verschärfte Platzverweis (mit Gewahrsamnahme bei Missachtung) seien nötig, die bisherige „Generalklausel“ eine schlechte Handlungsgrundlage. Auch müsse das Gesetz dem Niedersachsens angeglichen werden – wo es Platzverweis und Viedeoüberwachung gibt.

Die Bremer SPD reagierte auf Schultes Vorwürfe scharf. „Nach der Gelben Karte, die Bernt Schulte vom eigenen Fraktionsvorsitzenden erhalten hat, macht er sich nun mit der Verwandlung vom Teletubby zum Rambo lächerlich“, so der SPD-Innenpolitiker Hermann Kleen. Die SPD berate den Entwurf mit Polizeiführungen, Datenschutz- und Frauenbeauftragten sowie Personalräten. Bei einigen Punkten liege man mit der CDU nicht mehr weit auseinander. Andere halte die SPD für falsch. Die verdachtsunabhängige Kontrolle, der Lauschangriff und der gezielte Todesschuss „werden mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen sein“. Man müsse sachlich reden. Umso ärgerlicher sei, „dass Schulte längst aufgegebene Positionen seines Hauses wieder aus der Mottenkiste kramt“.

Das fanden auch die Bremer Grünen. Deren Innenpolitiker Matthias Güldner nannte die präsentierten Vorschläge „olle Kamellen“. Er habe im Mai einen Gesetzentwurf vom Ressort bekommen, „in dem der finale Rettungsschuss, verdachtsunabhängige Kontrollen und Lauschangriff bereits gestrichen waren.“ Schulte solle „lieber eine mehrheitsfähige Fassung erarbeiten, statt starrsinnig auf seinem Entwurf zu beharren und Scherf zu bitten“.

Im Innenressort heißt es dazu, es handele sich um eine Fassung, „bei der die strittigen Punkte ausgestrichen waren.“ Tatsächlich bezeichnete CDU-Chef Bernd Neumann gestern Videoüberwachung und profilaktische Personenkontrollen als vorrangig. Erst auf Nachfrage gab er ein „uneingeschränktes Ja“ zum „Rettungsschuss“. ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen