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Hauptsache: Er perlt

Modegetränk mit riesigen Qualitätsunterschieden oder edler Schaumwein: Über Männer und Frauen, die Prosecco trinken  ■ Von Peter Ahrens

Er perlt – aber er ist kein klassischer Sekt. Und irgendwie doch. Er ist fruchtig – aber er ist kein klassischer Wein. Und irgendwie doch. Der Prosecco ist ein Zwitterwesen und damit ziemlich erfolgreich. „Im Sommer geht der richtig ab“, sagt Stefanie Barkhausen von der Weinhandelsgesellschaft Korkenzieher in Norderstedt. Sommer ist die Zeit für Männer und Frauen, die Prosecco trinken. Und dabei meis-tens gar nicht wissen, dass es sich nicht um eine Marke, sondern um eine Rebsorte handelt.

Früher wuchs die Prosecco-Rebe eigentlich nur im Norden Italiens, vor allem in Venetien, inzwischen ist ihr klimatisch nichts mehr fremd: Prosecco-Weinberge gibt es heute in acht italienischen Provinzen. Und den Prosecco-TrinkerInnen ist auch nichts mehr fremd. Auf seinem Siegeszug nach Norden hat das Getränk die italophilen GermanInnen längst erreicht. Die deutsche Weinwirtschaft hat sich drangehängt: Inzwischen gibt es Prosecco von Deinhard oder Henkell. „Es ist allerdings noch nicht ganz so ein Modegetränk wie der Pinot Grigio“, sagt Barkhausen. Bei dem italienischen Weißwein seien die Qualitätsunterschiede noch größer als beim Prosecco. „Das ist schon richtiggehend fürchterlich.“

Differenzen gibt es aber auch beim Prosecco einige, „die italienischen Kontrollbehörden haben da beinahe alles durchgehen lassen“, wie ein Hamburger Weinhändler mit entsprechend deutscher Verachtung in der Stimme feststellt. Dem günstigen Prosecco für drei bis fünf Mark geht zwar alles an Fruchtgehalt und Frische ab, was einen guten Wein ausmacht, aber dafür perlt und sprudelt er. Und das reicht manchen schon – „die achten einfach nur auf die Perlung“ – , um zur vermeintlichen Sektflasche zu greifen. Dabei ist der Prosecco nur als Spumante nach zwei Gärungen ein wahrer Sekt. Es gibt ihn auch als normalen Stillwein für zehn bis 15 Mark, als Grappa oder eben als klassischen Perlwein, als so genannten Vino Frizzante, mit einem Druck von ein bis zwei Bar, also unter dem Druck von drei bis fünf Bar, der einen echten Sekt auszeichnet. Das sind meist die „Mercedesse unter den Prosecci“, wie Barkhausen das nennt: 13 Mark aufwärts sollte man pro Flasche schon anlegen. Das sind dann die fruchtigen edleren Schaumweine.

Die Prosecco-Zielgruppe? Neureiche, wie vielleicht noch vor zehn Jahren, sind es jedenfalls seit langem nicht mehr. Eher schon die, „die nicht so viel trinken und nicht so rasch einen sitzen haben wollen“, vermutet Barkhausen. Und die beim Einkauf rechnen können. Denn auf den Prosecco-Perlwein wird, da es eben kein Sekt in strengem Sinne ist, keine Sektsteuer erhoben. Das macht ungefähr zwei Mark Preisunterschied aus.

Was Erfolg hat, zieht auch immer den ganzen Trittbrett-Schnickschnack an. Beim Prosecco ist das genau so. Zitat aus der Werbung im Internet: „Ein kleiner Prosecco wird ja auch am Badestrand immer wieder gern genommen, doch ist man an sonnigen Tagen um des kühlen Genusses willen oft zu has-tigem Trinken gezwungen. Selbst im Wasser des Sees würde er mittlerweile kaum mehr als lauwarm bleiben. Nicht so, wenn man dem Prosecco ein dezentes Mäntelchen aus Neopren überzieht, welches sich hauteng um das Behältnis schmiegt. Überdies bereitet es dem Besitzer höchsten erotischen Genuss, wenn er endlich den Reißverschluss öffnen und sein Fläschchen ausziehen darf.“ Erotischer Genuss für 59 Mark zu haben.

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