TRANSPARENCY INTERNATIONAL FORDERT UNBESCHRÄNKTE AKTENEINSICHT: Wider die Korruption
Der Bürger will wissen – und er sollte das Recht haben, zu wissen. Dieses Prinzip klingt in einer Informationsgesellschaft wie der deutschen fast überflüssig. Schließlich haben Millionen die Perversion des Informationsrechtes, „Big Brother“, verfolgt; in den Medien wird ständig Privates öffentlich verhandelt. Die regierungsunabhängige Organisation Transparency International fordert es trotzdem ein, das Recht auf Information. Sie verlangt Einsicht in das Kernstück des Verwaltungshandelns und -wissens: in die Akte.
Denn jeder, der mehr wissen will, als auf Pressekonferenzen und in den Parlamenten freiwillig preisgegeben wird, beißt bei Behörden und Ministerien blitzschnell auf Granit. Verwaltungsabläufe, Entscheidungen, Strukturen, Akten – sie sind nicht prinzipiell öffentlich zugänglich. Diese Heimlichtuerei gilt aber nicht nur für den Bürger, der Entscheidungsprozesse nachvollziehen will, die ihn vor Ort selbst betreffen. Auch Parlamentarier, immerhin die demokratische Kontrollinstanz, laufen oft gegen Wände, wenn sie finanziell relevante Hintergründe erfahren wollen. Entscheidungen über Hermes-Bürgschaften? Darf nur der Haushaltsausschuss wissen. Weltbank-Prüfungsberichte, die Grundlage für Millardenkredite? Keine Akteneinsicht für den zuständigen Ausschuss. Rüstungsexporte? Grauschleier für alle. Die Begründung dafür: So sollen die betroffenen deutschen Firmen geschützt werden, die im globalen Wettbewerb bestehen müssen. Die Risiken dagegen wurden lieber übersehen und unterschätzt: dass Geheimniskrämerei die Korruption fördert, dass Steuergelder verschleudert und missbraucht werden.
Jetzt soll das Innenministerium einen Gesetzentwurf erarbeiten, der Akteneinsicht gewährt – ganz nach Vorgabe der Koalitionsvereinbarung. Zu Recht. Es gibt weder praktische noch politische Gründe, die gegen ein umfassendes Informationsrecht sprechen. Politisch: Wer seinen Bürgern und Parlamentariern Akteneinsicht und Transparenz verweigert, der traut ihnen den verantwortungsvollen Umgang mit den Informationen nicht zu, degradiert sie zu funktionslosen Deppen im Staat. Nicht gerade das Menschenbild, das in einer Demokratie Geltung haben sollte.
Und auch praktisch hat sich inzwischen gezeigt, dass Akteineinsicht nicht ins bürokratische Chaos führt. Die Bundesländer, die seit kurzem eine entsprechende Regelung besitzen – wie Brandenburg und Berlin –, müssen keineswegs über unbeherrschbare Besuchslawinen und die Lahmlegung der Verwaltung stöhnen. MAIKE RADEMAKER
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