Die Schass-Partei pokert hoch

In Israel reichen die vier orthodoxen Minister ihren Rücktritt ein. Regierungschef Ehud Barak hat jetzt 48 Stunden Zeit, auf die Forderungen der Frommen einzugehen

JERUSALEM taz ■ Die vier Minister der israelischen Koalitionspartei Schass haben gestern ihr Rücktrittsgesuch eingereicht. Die Kündigungen treten innerhalb von 48 Stunden in Kraft. Die mit 17 Mandaten zweitgrößte Koalitionspartei entschied über den Koalitionsaustritt ungeachtet der von beiden Seiten vermeldeten Fortschritte in den jüngsten Verhandlungsrunden, bei denen es um die Finanzierung des parteinahen religiösen Schulnetzes und die Errichtung einer eigenen Fernsehstation geht.

„Wenn innerhalb der kommenden 48 Stunden unsere legitimen Forderungen akzeptiert werden, bleiben wir in der Koalition“, meinte der Parteivorsitzende Eli Ischai, der sein Rücktrittsgesuch ohne Begründung einreichte. Zwar ist theoretisch noch immer eine Einigung möglich, fest steht nur, dass am kommenden Donnerstag die seit Wochen andauernde Koalitionskrise zu einem Ende kommen wird.

Bereits Anfang vergangener Woche hatte ein dreiköpfiges Rabbiner-Gremium über den Koalitionsaustritt der Schass entschieden. Premierminister Ehud Barak verzögerte jedoch die Kabinettssitzung, um Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen. Trotz der wiederholten Konflikte mit dem Koalitionspartner hielt Barak an der Schass fest, die ihm eine Parlamentsmehrheit von 68 zu 52 Stimmen bietet.

Im Namen gerechter Ausgangsmöglichkeiten für die Kinder im Land streitet die orientalisch-religiöse Partei Schass um offizielle Gelder in Millionenhöhe für ihr Schulnetz, einen Fernsehkanal und die Legalisierung einer Reihe von bisher als Piratenradios betriebenen Hörfunksendern. Während die Finanzierung des Schulnetzes weitgehend geregelt sein soll, scheint die Frage der Kontrollbefugnisse neuer Konfliktpunkt zu sein. Erziehungsminister Jossi Sarid von der links-weltlichen Meretz kooperiert, so die Schass, zu wenig mit seinem orthodoxen Stellvertreter.

Das linke Bündnis sieht keine Zukunft für die Koalition mit der Schass, die „immer neue Forderungen stellt, ohne sich selbst an Abmachungen zu halten“, und würde eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der zehn arabisch-israelischen Abgeordneten vorziehen. Diese Konstellation ist wiederum Barak angesichts der bevorstehenden Kompromisse im Friedensprozess mit den Palästinensern zu unsicher. SUSANNE KNAUL