Grüne: Billige Software für alle Behörden

■ Ideologiestreit: Soll die Bremer Verwaltung Bill Gates ewig Geld schenken?

Für das Film-Monumentalwerk „Titanic“ verzichteten die Spezial-effekt-Computerfreaks auf das Betriebssystem Windows von Microsoft-Chef Bill Gates. Stattdessen bediente man sich des Konkurrenzproduktes Linux – mit dem netten Nebeneffekt, dass für das Programm keine Lizenzgebühren fällig werden und es angeblich sogar störungsfreier arbeitet. Auf das gleiche Programm setzt seit der letzten Blattreform die taz.

Vielleicht hat die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Anja Stahmann an „Titanic“ oder taz gedacht, als sie dem Senat eine kleine Anfrage zuleitete, die jetzt beantwortet wurde. Frage: Warum wirft die Verwaltung in Bremen dem Software-Giganten Gates Millionen in den Rachen, indem sie fast ausschließlich Windows-Produkte auf den Behörden-Computern laufen lässt? Produkte der „Open Source Software“ dagegen kosten nichts, weil sie von tausenden Entwicklern auf der ganzen Welt weiterentwickelt werden – ohne kommerzielle Interessen. Das macht den Großen Angst. Und: die Software kann auf individuelle Anforderungen hin zugeschnitten werden.

Tatsächlich keine ganz dumme Idee, antwortete nun das zuständige Finanzressort. Im Server-Bereich arbeite Bremen bereits mit solcher Software, da sie als besonders sicher gilt. Die Kosten für die Software der 9.000 Bremer Verwaltungs-PCs schlugen bislang immerhin (bei durchschnittlich 700 Mark pro Arbeitsplatz) ein 6,3 Millionen-Mark-Loch in die Landeskasse. Und „nahezu sämtliche“ Rechner seien mit Microsoft-Produnkten bestückt. Weitere neun Millionen Mark gehen jährlich für Weiterbildung und Systempflege drauf – allerdings profitiert davon nicht nur Gates.

Allein, die Behördenmitarbeiter seien inzwischen an Gates Programme gewöhnt. Eine Umschulung auf „Open Source Software“ würde teuer und langwierig. Wenn man nur in einigen Bereichen Linux-Software nutzen würde, wäre die Kompatibilität nicht mehr gewährleistet – vor allem allerdings die Kompatibilität der Mitarbeiter, die sich auf einen anderen Job innerhalb der Verwaltung bewerben könnten, wo dann andere Programme genutzt würden.

Nicht zu verkennen sei andererseits, dass die Bedeutung von Open Source „in nächster Zeit stark ansteigen wird“. Im Klartext: Langsam setzt sich auch in größeren Betrieben die Überzeugung durch, dass man aus der Abhängigkeit von Microsoft eines Tages entkommen will. Bis heute hat Linux das Image, ein benutzerfeindliches Betriebssystem für eingearbeitete Computerfreaks zu sein. Die Optik der Benutzeroberfläche kann theoretisch sogar der Microsoft-Oberfläche angepasst werden. Allerdings gilt wohl immer noch, dass die Neueinrichtung eines Linux-Systems kompliziert ist. Anja Stahmann hat schon neue Fragen: Wenn Bremens Schulen jetzt mit Computern ausgestattet werden – wie sehr profitiert dann Gates davon? cd