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Stölzl huldigt Humboldt

. . . und die Studierenden der Humboldt-Universität lassen es zu. Dabei wollten die Theaterwissenschaftler beim Vortrag des Wissenschaftssenators für ihren Fachbereich protestieren. Dieser sei nach dem Gutachten des Wissenschaftsrats in Gefahr

von ANNE FRANCOISE WEBER

Eigentlich waren die rund 30 Studierenden der Theaterwissenschaft nicht nur zum Zuhören gekommen. Beim Vortrag von Wissenschaftssenator Christoph Stölzl am Dienstagabend im Audimax der Humboldt-Universität (HU) wollten sie ihre Sorgen vorbringen. Denn im Mai hat der Wissenschaftsrat eine Stellungnahme zur Strukturplanung der Berliner Hochschulen vorgelegt und empfohlen, die vakante Professur bei den Theaterwissenschaftlern an die Freie Universität zu verlagern. Doch wenn eine der beiden Professuren verlagert wird, ist der Magisterstudiengang Theaterwissenschaft / Kulturelle Kommunikation in Gefahr.

Mit einem Ruck erhoben sich die dreißig Studierenden also, als ihr Sprecher Sebastian Gießmann nach Stölzls Vortrag ans Mikrofon trat, dem Senator die Lage schilderte und dem Wissenschaftsrat vorwarf, ihren Studiengang nicht gründlich angeschaut zu haben. Er habe übersehen, dass das weit größere Institut der FU stärker die klassische Theaterwissenschaft vertrete, während an der HU interdisziplinär die Verbindung vom Theater zum Film oder zu anderen Medien gezogen werde.

Doch der gut inszenierte Protest der Studierenden ließ sich schnell besänftigen. Selbstverständlich werde alles noch einmal geprüft, sagte Stölzl, es handele sich schließlich nur um Empfehlungen. Möglicherweise sei ja auch eine Integration des kommunikationswissenschaftlichen Aspekts an der Freien Universität möglich.

Das bezweifelt Fachschaftsvertreterin Anna Poeschel zwar: „Am Institut der FU wurden die Inhalte eben erst rausgestrichen, die uns wichtig sind.“ Aber nach den beruhigenden Worten des Senators setzten sich die Studierenden wieder und hörten Stölzl brav zu, der seine große Verbundenheit zu Universitäten und besonders zur HU betonte. Die weniger wissenschaftlichen als materiellen Probleme der HU sprach Stölzl, der seinen Vortrag mit lateinischen Zitaten und geschichtlichen Verweisen garnierte, eher im Vorbeigehen an. Mit dem Ausbau des naturwissenschaftlichen Zentrums in Adlershof müsse man sich noch ein wenig gedulden. Zum neuen Standort der Universitätsbibliothek, die in den nächsten Jahren ihren Sitz hinter der Staatsbibliothek verlassen muss, konnte Stölzl noch nichts sagen. Der Senator warb vor allem um Verständnis für die enormen Finanzprobleme und äußerte sich in diesem Zusammenhang auch positiv zu Studiengebühren, auch wenn diese in der Koalition nicht zur Debatte stünden.

Am Ende luden die Studierenden der Theaterwissenschaft den Senator zu einem Gespräch ein. Eine bescheinigte dem Historiker zum Abschluss „Feinsinnigkeit, Bildung, Lust am Denken und Humor“. Und das schien auf einmal wichtiger als das Geld für die Theaterwissenschaft.

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