: Geheimer Geburtstag
■ Daten über GAL-Abgeordnete Anna Bruns abgefragt: Geldstrafe für Polizisten
Das Hamburger Landgericht hat gestern den suspendierten Chef der Brandermittlung beim Landeskriminalamt, Karl-Heinz Böttrich-Scholz, wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz zu einer Geldbuße von 2.800 Mark verurteilt. Das Gericht hob damit den Freispruch durch den umstrittenen Amtsrichter Ronald Schill auf. Böttrich hatte im November 1996 das Polizei-Informationssystem „Polas“ angezapft, um persönliche Daten über die damaligen GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Anna Bruns zu erlangen.
In dem Verfahren ging es zuletzt nur noch um Rechtsfragen. Waren die abgefragten Daten – Anschrift und Geburtagsdatum – über andere Quellen „offenkundig“ frei zugänglich? Das verneinte das Gericht zumindest für Bruns' Geburtsdatum. Zwar enthalte auch ein erweiterter Melderegisterauszug, den jeder beantragen kann, derartige Daten. Aber für eine solche Anfrage müsse ein „berechtigtes Interesse“ dargelegt werden. „Sie wählten einen Weg, der Ihnen untersagt war“, rügte Richter Ingolf Jandt in seinem Urteil.
Dass Böttrich in Bruns Daten geschnüffelt hat, hat er nicht bestritten. Angeblich wollte er die GALierin schützen. Er habe nämlich am Rande des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Polizei aufgeschnappt, wie jemand über Bruns lästerte, dass sie einen Porsche besitze, aber aus Imagegründen mit einem Panda am Rathaus vorfahre. Um diesen Sachverhalt zu überprüfen, habe er zur „Gefahrenerforschung“ in „Polas“ ihre Daten abgefragt, um dann über „Zevis“ eine Fahrzeug-Halternachfrage tätigen zu können. Die Polizei habe nicht dem Vorwurf ausgesetzt werden sollen, von einer Gefahr gewusst und nicht gehandelt zu haben.
„Diese Einlassung glauben wir ihnen nicht, das ist so weit hergeholt“, konterte Jandt, „Sie haben das polizeiliche Informationssys-tem für eine private Abfrage miss-braucht.“ Hintergrund: Nach Bürgerschaftsanfragen von Anna Bruns ermittelte die Polizei 1996 gegen Böttrichs Frau Ursula Scholz und den Leiter des Sozialamtes St. Pauli wegen des Verdachts der Bestechung. Das Sozialamt hatte für mehrere Millionen Mark Flüchtlinge in Scholz' Hotels untergebracht.
Gegen das gestrige Urteil kündigte Böttrichs Anwalt Gerd Strate Revision an. Kai von Appen
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