: Als Bremen wärmer wurde
■ Zehn Jahre lesbisch-schwuler Sportverein Wärmer Bremen: Sie spielen in der Homo-Liga, sind aber auch in den Landessportbund integriert
„Wir werden immer mit Werder verwechselt“, scherzt Matthias Hahn über die nicht ganz zufällige Namensähnlichkeit. Dabei wird bei Wärmer Bremen nicht mal Fußball gespielt: Fußball ist ein „Hetensport“, sind sich die Freunde der Homo-Bewegung sicher. Dabei wollte der „Erfinder“ des Vereins eigentlich einen Fußballverein gründen – wie in seiner Heimat, dem Homosport-Mekka Berlin.
Damit die Bremer Szene in Bewegung kam, brauchte es noch weitere Entwicklungshilfe: Die Hamburger Diseuse Georgette Dee, damals erst in Insider-Kreisen ein Star, rief 1990 auf der „Pink Party“ zur Gründung eines lesbisch-schwulen Sportvereins auf. Offensichtlich sprach sie den Bremern aus der Seele: 40 Leute bei der Gründungsversammlung im engen Rat & Tat-Zentrum belegen, dass ein eigener Sportverein vielen ein Bedürfnis war. Für Jürgen Schulenberg geht das vor allem auf schlechte Erfahrungen während der Schulzeit zurück, in der viele Schwule im Sportunterricht Diskriminierung erlebt haben. Mit herkömmlichen Sportvereinen gebe es daher oft Berührungsängste.
Für Matthias Hahn steht der Sport eher im Hintergrund: „Der Verein ist eine tolle Gelegenheit, Gleichgesinnte kennen zu lernen, ohne in den Park oder in die Sauna gehen zu müssen. Hier sind auch schon viele Beziehungen entstanden.“ Auch zwischen Schwulen und Lesben haben sich durch Wärmer Bremen neue Anknüpfungspunkte ergeben: „Das Verhältnis erlebe ich sonst in der Regel als sehr gespannt“, sagt Hahn, „aber im Verein reden wir viel mehr miteinander.“ Dazu trägt auch bei, dass es nach dem montäglichen Fitness-Training immer noch gemeinsam in die Frauenkneipe TheaLit geht.
Inzwischen sporten bei Wärmer Bremen auch einige Heteros mit, die über Freunde dazugekommen sind. Das war nicht immer möglich: Vor der Öffnung für alle lagen heiße Debatten. Heute nimmt der Verein Mitglieder „ohne Ansehen ihrer sexuellen Vorlieben“ auf. Damit tut er der umfangreichen Satzung genüge, die Diskriminierung aller Art ebenso ausschließt wie Leistungsdruck. Es gibt zwar eine Volleyball-Ligamannschaft, die leistungsorientiert trainiert, aber einmal in der Woche mischen sich die Cracks mit blutigen Anfängern zum Spaß-baggern. Seine Ligaspiele absolviert das fast 1:1 gemischte Team in einer reinen Homo-Liga, die in drei Leistungsklassen den ganzen deutschsprachigen Raum umfasst. Weil die Reisen schon mal bis Wien oder Basel führen können, absolviert man mehrere Spiele an einem Wochenende. Die Saison besteht so nur aus drei bis vier Turnier-Spieltagen.
Sportliches Aushängeschild des Vereins ist die Badmintonabteilung: Bei den Gay Games in Ams-terdam holte sie 1998 zwei Goldmedaillen. Dieses Jahr in Zürich reichte es gegen ein erheblich stärkeres Teilnehmerfeld noch für ein Mal Bronze. Das Badmintonteam hat auch schon an einem ganz „normalen“ Turnier in Bremen teilgenommen, aber solche Kontakte sind eher die Ausnahme. Eher verabredet man Spiele mit Homo-Vereinen wie dem Kölner „Cream Team“. Dabei hat sich Wärmer Bremen problemlos in den Landessportbund integriert, anders als zum Beispiel der schwule Berliner Verein „Vorspiel“, der wegen seines Namens zunächst nicht aufgenommen werden sollte. Die Bremer hatten am „Tag des Sports“ sogar ihren eigenen Stand auf dem ehrwürdigen Marktplatz.
Probleme könnte dem Verein nach Hahns Einschätzung am ehes-ten die Fitness-Welle bereiten. Noch sei die Zahl von rund 100 Mitgliedern anders als in vielen anderen Sportvereinen zwar konstant, aber Ehemalige treffe man am ehesten im Fitness-Studio wieder. Die beliebteste Veranstaltung von Wärmer Bremen ist denn auch die Fitness- und Jazzgymnastik. Im Juli soll auch Inline-Skaten mit ins Angebot kommen, um junge Mitglieder anzuziehen. not
Information unter % 7 84 94
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen