: Unbeherrschbare Brände
■ Experten diskutieren den schwierigen Feuerschutz in Tunneln. In Hamburg gibt es jedes Jahr fast 700 Brände, meist LKWs
Die Betreiber des Elbtunnels gehen auf Nummer sicher. Rund um die Uhr überwachen sie mit Kameras den Verkehr. Sobald auch nur besonders viele Bremslichter zu sehen sind, rückt die Tunnelfeuerwehr aus, um mögliche Brände im Keim zu ersticken. „Der Erstzugriff innerhalb kurzer Zeit ist das Entscheidende“, sagte gestern Werner Thon, Abteilungsleiter für vorbeugenden Brand- und Gefahrenschutz bei der Feuerwehr. Denn brennt erst mal ein LKW, so ist dieser Brand kaum zu beherrschen, wie bei einer Podiumsdiskussion auf der Messe „Leitungsbau 2000“ deutlich wurde.
Tunnelbrände gibt es viele, wie Alfred Haack, der Leiter der Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen (Stuva) darlegte: In ganz Hamburg sind es im Schnitt rund 700 pro Jahr. Zwischen 1980 und 1989 brannten im Elbtunnel 91 Fahrzeuge. Ein Drittel von ihnen waren Lastwagen. Gerade die Las-ter sind jedoch besonders problematisch. Selbst wenn sie kein Gefahrgut transportieren, können sie im Nu zu einem gigantischen Brandherd werden – so wie etwa der Kühltransporter, der vor gut einem Jahr im Montblanc-Tunnel Feuer fing. Weil sich der Tunnel aufheizte wie ein Backofen, konnte die Feuerwehr tagelang nicht zur Unfallstelle vordringen. 39 Menschen starben.
Fachleute schätzen, dass ein brennender Lastwagen 100 Megawatt Energie pro Stunde freisetzt – soviel wie ein kleines Kraftwerk. „Wenn das eine halbe Stunde lang brennt, dann bräuchte die Feuerwehr zur Kühlung 70.000 Liter Wasser“, sagte Thon.
Um die Hitze und den Rauch abzuleiten, wird in der vierten Elbtunnel-Röhre ein Lüftungskanal unter die Decke gebaut. Ungefähr alle 40 Meter soll es Rauchabzugsklappen geben, die sich bei Feuer automatisch öffnen. Zwei große Ventilatoren an den Tunnel-Enden saugen den Rauch nach draußen.
Dass das klappt, bezweifelte unter anderen Detlev Liebau, der selbst eine Alternativlösung vorgeschlagen hatte. Der Ingenieur kritisierte, dass der Rauch nach dem jetzigen Plan ungekühlt abgesaugt werden soll, was über kurz oder lang zum Ausfall der Ventilatoren führen müsse. Zudem bezweifelte er, dass das System eine Freisetzungsrate von 100 Megawatt bewältigen könne.
Die Baubehörde wies die Kritik zurück: Aus den Spezifikationen für die Anlage ergebe sich, dass sie mit 100 Megawatt fertig werden müsse, auch wenn das nicht explizit ausgeschrieben worden sei, sagte ihr Sprecher Christian Carstensen der taz hamburg. Das sei „der höchste Wert in einem deutschen Tunnel“. Gernot Knödler
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