Gehen Juristen freiwillig über Bord?

■ Das Schwerpunktstudium der Rechtswissenschaften ist so gut wie abgeschafft, finden Konrektor und Studierendenvertreter

Jura-Studierende, verlasst Bremen! Mit diesem Rat will sich Studierenden-Vertreter Tillmann Schmidt diese Woche an seine Komilitonen wenden. Grund sind die Planungen des Justizressorts, die Jura-Ausbildung vor dem ersten Staatsexamen grundlegend zu ändern. Letzte Woche hatte die große Koalition im Rechtsausschuss eine Änderung des Juristen-Ausbildungs-Prüfungs-Gesetzes beschlossen, die jetzt zur zweiten Lesung der Bürgerschaft vorgelegt werden soll. In Bremen sei „das mit Abstand schärfste norddeutsche Jura-Examen durchgedrückt und das Schwerpunktstudium faktisch zerstört“ worden.

Anlass für die Wut von Schmidt ist eine Presseerklärung von Justizsenator Henning Scherf (SPD). Der lobte gestern den „klugen Kompromiss zwischen den Vorschlägen des Senats und den Belangen der Universität“ im Rechtsausschuss. Die bundesweit einmalige „Schwerpunktausbildung“ sei nicht gefährdet, KandidatInnen im 1. Staatsexamen könnten nach wie vor eine Themenhausarbeit auf dem Gebiet ihres Schwerpunktstudiums schreiben. Anders als an anderen Universitäten können Studierende in Bremen bislang einen selbst gewählten Schwerpunkt als Prüfungsthema bearbeiten und werden nicht nur über Fallbearbeitungen bewertet.

Selbst der Konrektor der Universität, Wilfried Müller, mochte ges-tern nicht mehr von einem Kompromiss zwischen Senat und Universität reden, da die Vorstellungen des Senats deutlich überwögen. Nach der Vorlage des Rechtsausschusses werde es „jetzt ganz schwer, das Schwerpunktstudium zu halten“. In Zukunft würden die Studierenden eben nicht mehr frei wählen können, ob sie einen Schwerpunkt bearbeiten wollen oder ein Fallbeispiel, sagte Müller im Widerspruch zu Scherf. Denn nun soll das Prüfungsamt im Einzelfall entscheiden, ob ein Studierender eine Themenarbeit schreiben darf. „Das empfinde ich als unangemessen“, erklärte Müller.

Der Bremer Senat will die Juris-tenausbildung reformieren, seitdem in einem Vergleich mit Hamburger und Schleswig-Holsteiner Juristen ein schlechteres Abschneiden der Bremer im 2. Staatsexamen festgestellt wurde. Mit der Gesetzesänderung greift Bremen einer ohnehin geplanten bundesweiten Ausbildungsreform vor. Das Bremer Schwerpunktstudium wurde jüngst von auswärtigen Gutachtern des „Nord-Verbundes“ ausdrücklich gelobt: „Der Ansatz überzeugt grundsätzlich“ und könne Vorbild für die bundesweite Reformdebatte sein. cd