William, das muss kesseln

Zettels Traum und Zimmermanns Sprache: Das Hexenkessel Hoftheater inszeniert Shakespeares „Mittsommernachtstraum“ im Monbijoupark – in neuer Übersetzung

„Shakespeare!“, ruft die grün gewandete Elfenfrau zu Beginn laut ins Publikum hinein. Was soll das sein? Ein Hilfeschrei? Heißt das: Vorsicht, Shakespeare! Oder: Shakespeare, hilf! Leider hilft alles nichts. Die Geister, die hier beschworen werden, lassen sich nicht blicken. Shakespeares Mittsommernachtstraum, vom Hexenkessel Hoftheater viel versprechend als „komödiantisches Feuerwerk“, als „Hexengebräu von antagonistischen Themen und Motiven“, als „fliegender Flickenteppich aus Mythos und Realem“ vorgelobt, ächzt unter der Last der vielen zauberhaften Attribute: Sommernacht, real existierender Blätterwald, „rauschende Kostümpracht“ und steht doch unter all dieser Verkleidung bloß und bar des Zaubers da, als spektakelhafte Willensbekundung, mehr nicht.

Sechs Menschen, drei Männer und drei Frauen stehen zur Paarung bereit und lernen in einer Nacht die Macht des Eros kennen, die göttliche Triebhaftigkeit, die Vernunft und Willenskraft mit einem Wink außer Kraft setzt. In seiner Komödie, fast schon einem Satyrspiel, macht der große Shakespeare den kleinen Menschen lächelnd zum Esel. Hof und Sitte stehen gegen Faun und Traum, Fairytale gegen Rüpelszene. Die Doppelung der Rollen und Welten verlangte (mindestens) ein doppeltes Spiel.

Das „Hexengebräu“ des Hoftheaters aber rührt in einem munteren Mischmasch alles durcheinander. Natur und Zivilisation, Ernst und Spiel, höfisches Leben und faunisches Treiben – alles wird präsentiert in derselben läppischen Spaßmacher-Haltung und in leuchtenden Kostümen. Vom Liebeswahn bleibt nur die Pose. Das bonbonbunte Missverständnis der Aufführung (Regie: Jan Zimmermann) besteht in der Annahme, Heiterkeit brauche keinen Abgrund. Das angekündigte hemmungslose Komödiantentum erweist sich als munteres, sinnloses Spiel, erfüllt vom falschen Glauben, Lustigkeit durch die reine Behauptung hervorkehren zu können.

Und dann die Sprache. Wie seltsam klingt Shakespeare plötzlich in unseren Ohren. „Ein Liebhaber ist mehr so trauermäßig drauf“, sagt Zettel, der hier ganz original Bottom heißt, in Zimmermanns neuer Übersetzung, die um nichts schlauer ist als die alte, weil sie Schlegels romantische Manierismen nur durch kumpelhaft sich anbiedernde Alltagssprache ersetzt. Wie wundern wir uns, wenn Zettel am Ende seinen wüsten, schönen Traum beschreibt: „Ich wollte das als Gipfel deklamieren des Nonsens plus Ultra.“ Endlich spricht er wahr.

REGINE BRUCKMANN

Noch bis zum 30. Juli, im Monbijoupark, Mittwoch bis Sonntag, jeweils 21.30 Uhr