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Kein Mausklick für Rechte

Justizministerin Däubler-Gmelin, das amerikanische Simon Wiesenthal Center und andere Organisationen fordern eine effektive Abwehr gegen Neonazis im Internet

BERLIN taz ■ Mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung sollen große Computer-Provider dafür sorgen, dass rechtsradikale Anbieter ihre „Hate-Pages“ nicht mehr ins Internet stellen können. Dies forderte eine internationale Konferenz, zu der das Simon Wiesenthal Center, die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung und das Bundesjustizministerium eingeladen hatten. Die Konferenz verabschiedete gestern eine „Berliner Erklärung“ gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus im Internet. Das Ziel ist ein Kodex über die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet.

„Wir wollen keine Zensur“, betonte Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin (SPD). Aber die Freiheit, die das Internet biete, dürfe nicht die Freiheit beinhalten, Hass und Straftaten ungehindert zu verbreiten.

Die Konferenzteilnehmer befürchten, dass vor allem die neonazistische Szene das Internet zunehmend nutzt, um Straftaten vorzubereiten. Heinz Fromm, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, geht davon aus, dass jede fünfte Internetseite strafbare Inhalte transportiert. Die Zahl der rechten Anbieter im deutschen Netz steige wöchentlich. Ende vergangenen Jahres zählte Fromms Amt 300 Webseiten, bis Ende dieses Jahres sollen es etwa 900 sein. In Nordamerika tauchte vor fünf Jahren die erste Neonazi-Homepage auf, mittlerweile sind es 2.000, ermittelte das Simon Wiesenthal Center.

Doch wie es konkret gelingen soll, die Rechten aus dem weit verzweigten internationalen Netz zu vertreiben, wusste auf der Tagung niemand zu sagen. Die US-amerikanische Justizministerin, obgleich eingeladen, zeigte kein Interesse am Thema.

Die Freiheit der Meinungsäußerung scheint in den USA nahezu heilig. Zudem blockieren viele Internetfirmen jeden Versuch, neonazistischen Anbietern auf die Pelle zu rücken. Darum verspricht sich das Simon Wiesenthal Center viel von dem Bündnis, das es nun mit der deutschen Justizministerin eingegangen ist.

Rabbi Cooper versteht die „Berliner Erklärung“ als eine Art „Weckruf“ sowohl an die Clinton-Regierung als auch an die amerikanischen Internetfirmen dafür zu sorgen, dass das Internet „ein demokratischer Spielplatz für unsere Kinder bleiben kann“.

ANNETTE ROGALLA

Mehr zum Thema „Hass im Netz“ am Donnerstag auf der taz-Internet-Seite

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