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„Es wird Zoff geben“

■ Mopo verlässt Verlegerverband, um Sozialleistungen und Zuschläge abzubauen

Bei der Hamburger Morgenpost (Mopo) hängt der Haussegen schief: Die Verlagsleitung teilte gestern mit, dass die Mopo mit Wirkung zum 31. Dezember 2000 ihren Austritt aus dem Zeitungsverlegerverband erklärt hat. Damit gelten im Prinzip ab 1. Januar 2001 für die Beschäftigten in Redaktion und Verlag nicht mehr die tariflichen Bedingungen für Zeitungsverlage.

„Der Austritt ist die fatale Fortsetzung von bereits erfolgten Fehlentscheidungen“, prangert der Betriebsrat (BR) an. Er informierte gestern Nachmittag auf einer spontanen Versammlung die Belegschaft über die Pläne.

Mit dem Austritt geht die Talfahrt des Boulevardblattes weiter. Erst im November vorigen Jahres hatten der Versandhaus-Erbe Michael Otto und der Künstler Ernst Barlach die defizitäre Mopo vom Gruner+Jahr-Verlag übernommen und zum 1. März 2000 den „HR“-Verleger Josef Depenbrock zum Chefredakteur bestellt. Allein diese Maßnahme führte zum Weggang namhafter RedakteurInnen. „Statt sich auf die Konsolidierung zu konzentrieren, wird der soziale Frieden gefährdet – es wird richtig Zoff geben“, prophezeien Mopo-Mitarbeiter.

Nach Angaben von Insidern setzen die neuen Eigentümer in ihren Konsolidierungsbestrebungen auf Deregulierung. Mit dem neuesten Schritt werde kurzfristig der Verbandsbeitrag gespart, längerfristig sollten aber soziale Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Zuschläge für Mehr- und Nachtarbeit abgebaut werden. Schon heute würden Planstellen nicht besetzt oder Tariferhöhungen auf Zulagen angerechnet. „Ob in der Zeitung der redaktionelle Spätdienst besetzt ist oder nicht, wird dem Zufall überlassen“, kritisiert der BR.

Für Mopo-Mitarbeiter, die Mitglied der Gewerkschaften IG Medien, DJV und DAG sind, wirken die Tarifverträge noch nach. Bei Neueinstellungen aber gelten ab Januar nur die gesetzlichen Regelungen. Betriebsrat, IG Medien und DJV haben daher die Verlagsleitung aufgefordert, die Verbandskündigung zurückzunehmen. „Wenn der Austritt nicht zurückgenommen wird, werden wir in Verhandlungen um einen Haustarifvertrag eintreten“, kündigte IG Medien Nord-Chef Günther Metzinger an. Auch für Haustarifverträge kann notfalls gestreikt werden.

Kai von Appen

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