: Nachlass von Übel
■ Stadt Uetersen will Erbschaft mit ausländerfeindlicher Klausel annehmen
Fritz Adam Uebel war ein Ausländerfeind und ist es über seinen Tod hinaus. Der Uetersener Textilunternehmer hat in seinem Testament verfügt, dass sein Grundstück und Haus zu gleichen Teilen an die dortige Klosterkirchengemeinde und die Stadt fallen – aber nur dann, wenn das Gebäude nicht an ausländische Menschen vermietet wird. Selbst Deutsche, die früher einmal einen ausländischen Pass hatten, hat Uebel als künftige MieterInnen ausgeschlossen. Seitdem hat Uetersen ein Problem, und das will der Rat der 17.000 EinwohnerInnen zählenden Kleinstadt im Kreis Pinneberg auf seiner heutigen Sitzung lösen.
Als die ausländerfeindliche Tes-tamentsklausel bekannt wurde, hat die Kirchengemeinde gleich abgewunken. Ein solches Erbe anzutreten, stehe „im Widerspruch zu dem, was wir Christen verkünden“, sagt Pastorin Dorothee Neddermeyer. Die Stadt als zweiter Erbe wählt einen anderen Weg. Sie will das Erbe annehmen, die Klausel aber vernachlässigen – indem sie nicht vermietet, sondern auf dem Grundstück einen ohnehin geplanten Kindergarten baut. In dem dann „selbstverständlich“ auch ausländische Kinder aufgenommen würden, wie die Ratsmehrheit aus SPD und GAL versichert. Da trifft es sich gut, dass das Uebelsche Grundstück direkt neben einer Kindertagesstätte liegt.
So ein rechtes Erbe anzunehmen, sei zumindest bei der GAL intensiv diskutiert worden, heißt es aus der grünen Ratsfraktion Uetersens. Man habe damit aber kein Problem, zumal man in den Ratsbeschluss, der heute zur Debatte steht, einen Passus unterbringen will, in dem die ausländerfeindliche Klausel als unakzeptabel bezeichnet wird. Nach notarieller Prüfung gehen SPD und GAL davon aus, dass die Klausel keine rechtliche Bindungskraft hat.
Uebel selbst, der im April im Alter von 88 Jahren gestorben ist, galt in Uetersen als politisch unauffällig. Der Textilfabrikant war nach dem Zweiten Weltkrieg als russischer Kriegsgefangener hinter den Ural verschleppt worden. Seitdem, so heißt es in der Kleinstadt, habe er „eine Aversion gegen Ausländer“ gehabt. Dem Bürgermeister Uetersens, Karl Gustav Tewes (parteilos), gilt er dennoch als „ehrenwerter Mann“, dem die Stadt für sein Erbe dankbar sein solle. aha/lno
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