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Wahlfreiheit beim Gas geregelt

Heute unterschreiben Gaswirtschaft und Industriekunden ihre Verbändevereinbarung zur Öffnung des Marktes. Starke Preissenkungen für die Verbraucher sind kaum zu erwarten. Möglicherweise droht sogar ein Kartell

BERLIN taz ■ Die Repräsentanten der deutschen Gaswirtschaft und der Industriekunden beweisen Vertrauen – in die Kompromissbereitschaft von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und seinen geringen Drang zu staatlicher Regulierung. Bei der Formulierung der Regeln zur Öffnung des Gasmarktes, die sie ihm heute vorlegen wollen, sind sie kaum über ihre Eckpunkte vom März hinausgekommen. In der nun fertigen Verbändevereinbarung bleiben die größten Streitpunkte ungeklärt. Sie sollen nach der Sommerpause weiter diskutiert werden. Trotzdem gehen die Verbände wohl zu Recht davon aus, dass Müller seine Drohung zurückzieht, eine gesetzliche Verordnung zu erlassen, falls die Verbände sich nicht einigen können. Geeinigt hat man sich schließlich – auf die Ausklammerung.

Zu Stande gekommen ist der seltsame Kompromiss vor allem wegen des Termindrucks: Bis zum 10. August diesen Jahres muss die Richtlinie der Europäischen Union zum Energiemarkt von 1996 in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Verbändevereinbarung sieht nun vor, dass die deutschen Gaskonzerne ihr Netz für andere Anbieter öffnen müssen. Dabei soll es eine lokale, eine regionale und eine überregionale Zone geben, in denen unterschiedliche Durchleitungsgebühren festgesetzt werden. Für die Importstufe sollen die 17 deutschen Ferngaskonzerne vorläufig individuelle Preise berechnen dürfen. Nach Ansicht des Verbandes der Energieabnehmer, der bereits Kritik angemeldet hat, wird das Preisgefüge dadurch allerdings schwer kontrollierbar.

Streit hatte es auch um die Erdgasspeicher der Ferngaskonzerne gegeben. Industriekunden und Kommunen wollten, dass auch neue Anbieter sie nutzen dürfen. Weil die Konzerne sich darauf nicht einließen, fallen die Speicher zunächst aus der Vereinbarung heraus. Dafür gestanden die Exmonopolisten den Neuen Spielraum bei Schwankungen der Liefermenge zu.

Die Einschätzungen, ob die Endverbraucher nun bald mit niedrigeren Preisen rechnen können, gehen auseinander. Die Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers erwartet, dass Gas innerhalb der nächsten zwei Jahre um höchstens fünf Prozent billiger wird. Andere Berater sprechen von bis zu 20 Prozent. Im letzten Jahr kletterte der Gaspreis um gut 30 Prozent.

Für die vorsichtigere Schätzung spricht die Struktur des Gasmarktes. Anders als beim Strom gibt es kaum Überkapazitäten, die frei handelbar wären. Die Nachfrage nach Erdgas wächst seit Jahren und stärkt die Position der Lieferländer Russland, Niederlande und Norwegen. Und die russische Gazprom, die seit kurzem direkt aus dem Kreml dirigiert wird und ein Drittel der Weltgasvorkommen kontrolliert, hat bereits offen mit der Gründung eines Erdgaskartells nach dem Vorbild der Opec gedroht. BEATE WILLMS

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