: Zur Sache bei Kohl
Unions-Mann im Ausschuss zur CDU-Spendenaffäre gibt zu, sich mit dem Exkanzler „inhaltlich“ abgesprochen zu haben. FDP fordert Benimmkodex
BERLIN taz ■ Nun ging es also doch nicht nur um Terminabsprachen, sondern um Inhalte. Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre, Andreas Schmidt, räumte gestern ein, dass er bei seinen umstrittenen Treffen mit Altkanzler Helmut Kohl auch inhaltliche Dinge besprochen habe. Im Hinblick auf die Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Raffinerie und der Panzergeschäfte mit Saudi-Arabien habe er Kohl gefragt: „Wie ist das aus Ihrer Sicht gelaufen?“ Kohl habe ihm auch gesagt, er wolle die anonymen Spender nicht nennen.
Der SPD-Obmann im Ausschuss, Frank Hofmann, sieht nach diesem Eingeständnis von Schmidt „den Verdacht der Komplizenschaft erhärtet“. Er könne sich nicht vorstellen, „dass Kohl sich von Schmidt hat abschöpfen lassen. Die Kommunikation war wohl eher gegenseitig.“ Unions-Fraktionschef Friedrich Merz bleibe nun nichts anders übrig, als Schmidt zurückzuziehen, sagte Hofmann.
Der FDP-Mann im Untersuchungsausschuss, Max Stadler, kündigte an, er werde einem Antrag der Grünen zustimmen, wonach Schmidt als Zeuge vor dem Ausschuss aussagen solle. Da dieser mit Kohl über Inhalte gesprochen habe, „könnte seine Aussage ganz interessant werden“.
Angesichts der regelmäßigen Treffen von Schmidt und anderen Unions-Ausschussmitgliedern mit Kohl vor wichtigen Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss spricht sich die FDP dafür aus, Verhaltensrichtlinien für die Arbeit von Abgeordneten in Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages zu formulieren und gesetzlich festzuschreiben.
Dazu machte Stadler gegenüber der taz einen konkreten Vorschlag: „Diese Richtlinien sollten analog dem Deutschen Richtergesetz formuliert sein.“ Danach muss sich ein Richter „innerhalb und außerhalb seines Amtes“ so verhalten, „dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird“. In den Augen von Stadler hat Schmidt dieses Vertrauen gefährdet, „weil er sich als Vertreter seiner Partei versteht“ und nicht eine „gewissse Distanz zum Untersuchungsgegenstand und maßgeblichen Personen“ bestehe.
Vorigen Donnerstag waren die regelmäßigen Treffen zwischen Kohl und CDU-Ausschussmitgliedern bekannt geworden. Vertreter anderer Parteien fürchten nun, dass es zwischen Kohl und den Unionsmitgliedern im Ausschuss Absprachen gegeben hat. Die Union bestreitet das.
Der FDP-Politiker Stadler forderte, die Parlamentarier im Untersuchungsausschuss müssten sich „ein Stück von ihrer Parteirolle emanzipieren“, um dem Auftrag eines Untersuchungsausschusses, Sachverhalte objektiv aufzuklären, gerecht werden zu können.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck erklärte: „Die CDU wäre gut beraten, wenn sie Zuträger von Helmut Kohl abziehen würde.“ KARIN NINK
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