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vorlauffamiliär und behaglich

Familiengeschichten – Die Hagens (Do., 21.45 Uhr, ARD)

Bei so einem Titel denkt man an fiese Bierfehden im Hause Guldenburg und Dramen bei den Drombuschs. Falsch. Die „Familiengeschichten“ sind eine Dokumentationsreihe des SWR, in deren erstem Teil die Hagens porträtiert werden. Ein klug gewählter Auftakt. Kaum ein anderer Clan eignet sich so gut für ein derartiges Projekt. Schließlich sind Eva Maria, Nina und Cosma Hagen drei Frauen, von denen (noch) keine über einen längeren Zeitraum in den bürgerlichen familiären Verhältnissen gelebt hat, die der Titel assoziieren lässt.

Eva Maria, einst die „Brigitte Bardot des Ostens“, trennt sich nach kurzer Ehe von Ninas Vater, ist allein erziehend und verliebt sich später in Wolf Biermann. Nach seiner Ausweisung folgt sie ihm mit der Tochter in den Westen. Nina, die in der DDR gerade zum Schlagersternchen aufgestiegen ist, wird in Westberlin zur Punk-Lady und führt in der Talkshow weibliche Masturbationspraktiken vor. Cosma Shiva schließlich will auf ihren Namen am liebsten überhaupt nicht angesprochen werden, und erzählt höchstens von den zahlreichen Momenten, in denen sie sich wegen ihrer Mutter in Grund und Boden schämte. Zu gerne hätten wir auch gehört, was sie zu den neuesten Entwicklungen im Hause Hagen zu sagen hat. Inzwischen ist man nämlich nicht mehr ganz so kuschelig miteinander wie während des Drehs: Jüngst hat Nina per einstweilige Verfügung die Auslieferung von Muttis zweitem Buch verhindert, weil darin nur Lügen stünden. Ungeachtet dessen ist Birgit Kienzle ein sensibles Porträt gelungen.

Während der nächsten Folgen (die Wagners, die Reinhards, die Sarrasanis) werden die Familienstrukturen traditioneller und die Folgen schnell etwas altbacken. Bei den Sarrasanis etwa ist die Rede von Gründervätern und Dynastien, von Frauen, die helfen, wenn „Not am Mann“ ist, und von Patriarchen, die ihre Kinder mit „strenger Hand führen“. Und da wird’s einer dann leicht unbehaglich.

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