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Fußballspieler XY unerkannt

■ Ohne Geld will der FC St. Pauli Klassenerhalt schaffen. Wir stellen Abgänge und Neulinge vor.

Endlich war es soweit: Unter dem tosenden Applaus der 7.000 Zuschauer liefen die Spieler zum langerwarteten Trainingsauftakt ein. Das besondere Augenmerk der Kiebitze galt den Neuzugängen, die in diesem Jahr prominenter waren denn je. Szenenwechsel: Wir verlassen das Gelsenkirchener Parkstadion und wechseln ans Millerntor: Zwanzig Rentner, ebenso viele Angestellte des Vereins, eine Handvoll Minderjähriger und allerorten Fragen wie: Wer ist denn das, der da neben Z? Ist das der X? Und wo ist Y geblieben?

Y: Die Abgänge:

Marcus Marin: Öffentlich wurde ihm ob seiner relativen Treffsicherheit (11 Tore) gehuldigt. Hinter vorgehaltener Hand wurde kolportiert, man sei heilfroh, mit Marin einen intriganten Privilegien-Hai losgeworden zu sein. Die Extrawünsche des Stürmers bearbeitet nun die Geschäftsstelle von Fortuna Düsseldorf.

Stephan Hanke: Mit ihm musste auch der einzige Spieler gehen, der über die gesamte Saison Einsatz zeigte. Hätte der Leitwolf einer neuformierten Mannschaft werden können. Sondiert nun Angebote aus England und Mannheim.

Klaus Thomforde/Jouri Sawitschew: Zwei Sportinvalde (medizinischer Befund) verlassen die anderen (sportlicher Befund).

Dirk Wolf: Repräsentierte die St.Pauli-Tugenden der vergangenen Saison: Ideenlosigkeit und technisches Unvermögen. Das passt auch zu Absteiger Kickers Offenbach, wo man ihn gerne verpflichten würde.

Steffen Karl: Der Libero hatte die Grundschnelligkeit einer lebenden und den Bewegungsradius einer toten Schildkröte. Kompensierte das in besseren Tagen durch Übersicht. Regeneriert derzeit am Berliner Falkensee. Von dort dürfte man ihn nur durch Einführung der Prohibition vertreiben können.

Andrej Polunin: St. Paulis Regisseur muss zurück nach Nürnberg. Dort spielt er nicht in der Profi-Mannschaft sondern im viertklassigen Amateurteam. Das spricht für sich und gegen die Klasse der Millerntor-Elf.

Carsten Wehlmann: Der Stammkeeper ist der einzige Abgang, der mit dem HSV einen neuen Profi-Verein gefunden hat. Auch wenn er dort nur auf der Bank sitzen dürfte.

Cem Karaca: Der Dribbler war stets schneller als der Ball. Will in die Türkei, wo die Bälle – wie bei der EM zu beobachten war – schneller als hierzulande rollen.

Stephan Gollasch: Spielte in annähernd zwei Jahren nicht eine Minute. Im Tor der Amateure zeigte er, dass das besser für alle Beteiligten war. Ohne neuen Club.

X: Die Neuzugänge

Zlatko Basic/Daniel Scheinhardt: Kamen aus Oberhausen, wo sie die zweitsicherste Abwehr im bezahlten Fußball bildeten.

Heinz Weber: Kam auf Empfehlung von Ribbecks Assistenten Hotte Hrubesch aus Tirol ans Millerntor. Dürfte trotzdem Stammtorwart werden

Simon Henzler: Der Schwabe kam aus Meppen. Vizetorwart-Aspirant.

Jens Matthies: Kam aus Harburg. Am Stammplatz-ungefährdetsten.

Marcel Rath: Kam aus Cottbus. Beschwerte sich bereits über das Hamburger Wetter, das ihn zum Kauf von Gummistiefeln animiert habe. Dürfte trotzdem neben Klasnic stürmen. Zumindest letzterer sollte allerdings ohne Gummistiefel auflaufen.

Thomas Meggle: Der sympathische Mittelfeldmann kommt nach einem Jahr bei den Amateuren von 1860 München und einem Kreuzbandriss zurück ans Millerntor. Viele sehen in ihm den künftigen Regisseur, womit sie ihm keinen Gefallen tun. Ist als dynamischer und laufstarker Spieler dennoch wertvoll.

Nico Patschinski: Traf in Fürth in sieben Spielen null Mal. Passt damit ins Mannschaftsgefüge: Es kann nur besser werden.

Fazit:

In der Defensive ist St. Pauli passabel bestückt. Wer allerdings die notwendigen Tore schießen oder vorbereiten soll, steht in den Sternen. Gut, dass Trainer Dietmar Demuth die Prognose der Fachwelt nicht anficht: „Wir werden als Absteiger Nummer Eins gehandelt. Das motiviert uns nur zusätzlich.“

Christoph Ruf

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