Kritik am AKW sollte angeblich global gemeint sein

■ Reaktorsicherheitskommissions-Chef: Nicht nur Esenshamm ist ein “Pulverfass“

Lothar Hahn fühlt sich falsch verstanden: Der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission und Atomexperte des Öko-Instituts Darmstadt widerspricht Presseberichten, wonach er das Atomkraftwerk Esenshamm als ein „Pulverfass“ bezeichnet habe, das ganz oben auf seiner Streichliste stünde, weil die Anlage „teilweise erhebliche Mängel“ aufweise. Der „Weser-Kurier“ hatte in seiner Donnerstags-Ausgabe berichtet, Hahn habe auf einer Diskussionsveranstaltung in Rodenkirchen eine solche These vertreten. „Das ist eine Konstruktion“ sagte Hahn zur taz.

Nach Darstellung von Hahn sei er auf der Veranstaltung zum Thema „Sicherheitsüberprüfung von AKWs“, organisiert von atomkritischen Bürgerinitiativen, gefragt worden, wie weit Folgen eines Unfalls im Atomkraftwerk Unterweser zu spüren wären. Gesprochen habe er als Experte des Öko-Institutes und als Privatmann. Kein deutscher Atommeiler sei für die Beherrschung von Kernschmelz-Unfällen ausgelegt, habe er geantwortet. Mit großer Wahrscheinlichkeit käme es bei einem Unfall zu einer radioaktiven Freisetzung, die die Evakuierung großer Gebiete erforderlich machen würde. Bis nach Bremen, zum Beispiel. In sofern wären die Anlagen, die „bei uns“ betrieben werden „Pulverfässer“.

Auf den Atomkonsens angesprochen, habe er gesagt, es sei „nur konsequent“, Restlaufzeiten von ältere auf neuere AKWs zu übertragen. Dies bedeute, dass ältere AKWs früher abgeschaltet würden, darunter könne auch das 1979 ans Netz gegangene AKW Unterweser (Esenshamm) sein.

Zum AKW Esenshamm habe er gesagt: Der meldepflichtige Vorfall 1998 habe zu den schwerwiegendsten der letzten zehn Jahre gehört. Das zeuge von Defiziten in der Sicherheitskultur und im Sicherheitsmanagement des AKWs. Was er nicht gesagt habe: Dass Esenshamm ein Pulverfass sei, das schnellstens stillgelegt werden müsse.

Jörn Roggenkamp von der Bremerhavener Greenpeace-Gruppe interpretierte das Dementi als Zeichen dafür, dass Hahn nach seinen Äußerungen unter massive Kritik durch die Atomlobby geraten sei. Ein Videomitschnitt der Veranstaltung lasse auf jeden Fall den Schluss zu, das Hahn trotz seines offiziellen Amtes noch immer atomkritisch eingestellt sei. Dass Hahn das AKW als Pulverfass bezeichnet habe, konnte Roggenkamp nicht bestätigen. cd