Kein Schlaraffenland

■ Null Toleranz bei Rassismus im Betrieb / Abmahnungen für mögliche Urheber

Schmierige Fragen lässt der „Antrag auf Bundesdeutsches Asyl“ keine aus: „Woher DU wissen, dass BRD Schlaraffenland?“ Als Optionen sind „Allah, Internet oder andere Mithäftlinge“ anzukreuzen. So einen Fragebogen entdeckte kürzlich eine Russin in ihrem Briefkasten (die taz berichtete). Doch der hatte offenbar Vorläufer in mehreren Bremer Betrieben.

Bei Hydro Aluminium Uphusen wurden vor anderthalb Jahren schon 30 oder 40 Flugblätter ausgelegt. „Das war während der Debatte um das Staatsbürgerschaftsrecht“, erinnert sich Betriebsrat Holger Bruns-Röttjers. Der Inhalt ist der gleiche geblieben. Da wird nach der Adresse/Haftanstalt des Vaters oder der Herkunft des Passes gefragt (von Toten, von Kollege, geklaut). Verändert hat sich nur die Aufmachung: Kästchen, fettere Überschriften – das wirkt echter als auf den alten Bögen.

Damals wurden zwei Mitarbeiter von Hydro Aluminium abgemahnt. Kündigungen im Wiederholungsfall – mit Unterstützung des Betriebsrats. „Da muss man hart durchgreifen, Zeichen setzten“, erklärt Bruns-Röttjers.

Erste Spuren führten damals in weitere Betriebe: Die Fax-Kennung war auf den Flugblättern mitkopiert worden. Absender: DB-Car-go in Bremen. Mit denen man beruflich nichts zu tun hat.

Auch dort erinnert man sich: Zwar wurden im DB-Werk keine Fragebögen verteilt. Aber auch nie ein Schuldiger gefunden, der den Zettel in der Spätschicht durchs Fax gejagt hatte. Rund 50 Personen hätten Zugriff zum Fax – „das kann theoretisch auch ein durchfahrender Lokführer gewesen sein“, meint Betriebsrat Friedhelm Tinnemeyer. Vorsorglich wurde die ganze Spätschicht mündlich ermahnt. Mit einem Schuldigen wäre man „konsequenter“ umgegagen. Auch im DB-Ausbesserungswerk Sebaldsbrück tauchte ein Zettel auf, den der dortige Betriebsrat gleich durch den Reißwolf schredderte.

An die Polizei wurden die Vorfälle nicht gemeldet – das regelten die Betriebsräte unter sich. Und danach sei nie wieder was aufgetaucht. Weder bei der Bahn noch bei Hydro Aluminium.

„Das gefährliche an dem Fragebogen ist, dass es witzig gemacht ist“, erklärt IG-Metaller Rainer Lihlbach. Da könnten viele eher drauf reinfallen als bei plumper Nazi-Progaganda. In Punkto Ausländerfeindlichkeit setzt die IG-Metall wie die Betriebsräte auf „Null-Toleranz“, im Zweifelsfall Entlassungen, erklärt Manfred Muster: „Wenn da einer Menschenrechte verletzt, kann ich nicht mit Arbeitsrecht kommen.“ pipe