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Südafrika verteidigt Aids-Politik

Präsident Mbeki gibt Bericht über Zuverlässigkeit von HIV-Tests in Auftrag. „Manche betrachten mich wie einen Schwerverbrecher“, verteidigte er seine Aids-Politik in der Eröffnungsrede. Hunderte verließen aus Protest die Feier

aus Durban KORDULA DOERFLER

Zur Eröffnung der 13. Welt-Aids-Konferenz in der südafrikanischen Hafenstadt Durban hat Südafrikas Präsident Thabo Mbeki die Haltung seiner Regierung zu Aids erneut bekräftigt. In seiner mit Spannung erwarteten Rede vor zehntausenden von Menschen in einem Cricketstadion am Sonntagabend zitierte Mbeki einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO: „Der größte Killer der Welt und die häufigste Ursache für Krankheit und Leiden rund um den Erdball ist extreme Armut.“

Südafrika müsse nach einer Lösung für Aids suchen, die den Problemen Afrikas gerecht werde, so Mbeki weiter. Zugleich verteidigte er sein Vorgehen in der Aids-Politik und kritisierte: „Manche betrachten die Fragen, die ich um das Thema HIV/Aids herum gestellt haben, als habe ich mich wie ein Schwerverbrecher oder ein Völkermörder benommen. Was ich ständig höre, ist: Stelle keine Fragen.“ Noch während er sprach, kam allerdings in der bis dahin entspannten Feier Unmut auf, und hunderte verließen aus Protest das Stadion, darunter auch der Erzbischof der Anglikanischen Kirche, Njongonkulu Ndungane. Aktivisten zeigten sich gestern enttäuscht über die Rede, während die WHO zufrieden war. „Es ist absolut notwendig, den soziokulturellen Hintergrund zu betrachten, und das hat Mbeki getan“, so ein WHO-Sprecher zur taz.

Mbeki ließ sich von der Unruhe im Stadion nicht beirren und erklärte fast trotzig, man könne die hohe Zahl von Todesfällen in Südafrika nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. Zugleich kündigte er an, dass eine neue, von ihm berufene Expertenkommission bis zum Jahresende einen Bericht über die Zuverlässigkeit von HIV-Tests vorlegen werde. Der Kommission, deren zweimonatige Beratungen in der vergangenen Woche zu Ende gegangen waren, gehören auch sogenannte Aids-Dissidenten an, die den Zusammenhang zwischen dem HIV-Virus und Aids bezweifeln. Dies war auf internationale Kritik gestoßen und hatte dazu geführt, dass 5.000 Wissenschaftler im Vorfeld eine Deklaration unterzeichneten, die ausdrücklich betont, dass Aids durch HIV ausgelöst wird.

Einer der Schwerpunkte der fünftägigen Konferenz wird die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen für die Länder der Dritten Welt sein. Am Sonntagmittag hatten internationale Aids-Organisationen gefordert, den armen Ländern dringend billigere Medikamente und Impfungen zugänglich zu machen.

Eindringlich warnte gestern Roy Anderson, prominenter Epidemologe an der Universität Oxford, vor überzogenen Erwartungen. Wirksame Impfstoffe zu entwickeln, dauere sehr lange. „Das ist die bedrohlichste Infektionskrankheit in der Geschichte der Menschheit“, sagte er. Es bedürfe einer internationalen Anstrengung, um Gelder verfügbar zu machen, und eines politischen Willens, der bislang ebenfalls ohne Beispiel sei.

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