: Eitler Streit um das Weltgericht
Im Prinzip sind sie sich einig, zanken aber um kleine Details: CDU und Regierung verzögern den Beitritt Deutschlands
FREIBURG taz ■ Ein kleinlicher Formulierungsstreit richtet großen politischen Schaden an. Weil sich Regierung und Opposition nicht über eine eher formelle Grundgesetzänderung einigen können, wird Deutschland das Statut über den Internationalen Strafgerichthof (IStGH) nicht in diesem Sommer unterzeichnen.
Die Einrichtung eines IStGH war vor zwei Jahren in Rom von 120 Staaten gegen den Widerstand der USA beschlossen worden. Er soll die Verurteilung von Kriegsverbrechern auch gegen den Willen ihrer Heimatstaaten ermöglichen. Die USA versucht nun schon seit geringer Zeit Ausnahmen zugunsten von US-Bürgern durchzusetzen. Dies wird ihr aber umso schwerer fallen, je mehr Staaten den unverwässerten Vertragstext ratifizieren. Insbesondere der Bundesrepublik kommt hier eine Signalfunktion zu. Insofern wird sich nicht zuletzt die US-Regierung freuen, dass Deutschland nun die Ratifizierung in den Herbst verschoben hat.
Im Bundestag wird nicht über das Vertragsgesetz selbst gestritten, sondern über eine damit verbundene Grundgesetzänderung. Da Artikel 16 eine Auslieferung von Deutschen an das Ausland verbietet, soll nun klargestellt werden, dass eine Auslieferung an den entstehenden IStGH durchaus möglich wäre. Außerdem würde bei dieser Gelegenheit eine EU-Konvention umgesetzt, die auch die Auslieferung von Deutschen an andere EU-Staaten ermöglicht.
Im Prinzip besteht über beide Punkte auch durchaus Einigkeit. Strittig ist nur, ob im Grundgesetz konkrete Anforderungen an die „Rechtsstaatlichkeit“ des IStGH und der anderen EU-Staten aufgeführt werden sollen. Die Opposition ist dafür, die Regierung dagegen. Zwar war Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) zu Kompromissen bereit, dennoch gelang eine Einigung mit der Opposition in der letzten Sitzungswoche nicht mehr. Däubler-Gmelin und Rupert Scholz (CDU), der Vorsitzende des Rechtsausschusses, weisen sich gegenseitig die Schuld für das vorläufige Scheitern zu.
Mit diesem Streit ist allerdings nicht erklärt, warum neben der Grundgesetzänderung auch die Ratifizierung des Vertragsgesetzes von der Tagesordnung des Bundestags genommen wurde. Eine getrennte Behandlung der Sache wäre durchaus möglich gewesen. Es scheint, als ob hier ein rot-grüner Regiefehler vorlag und nun Rupert Scholz die Verantwortung zugeschoben wird – wobei dieser sich in der Rolle des Blockierers durchaus wohl fühlt. C. RATH
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