Transfair gehandelt

Das ZDF-Magazin „frontal“ und die Dritte-Welt-Handelsgesellschaft transfair stritten sich vor Gericht. Jetzt wurde das Urteil verkündet

aus Köln JÜRGEN SCHÖN

Nach den Worten des Richters bei der Verhandlung Mitte Juni vor dem Kölner Landgerichts wäre die Handelsgesellschaft transfair selber schuld, wenn Käufer von Produkten mit dem transfair-Gütesiegel nach einem Bericht des ZDF-Politmagazins „frontal“ an der Seriosität des Unternehmens zweifelten. Umso überraschender das am Mittwoch verkündete Urteil.

„In der zentralen Aussage haben wir gewonnen“, freute sich transfair-Pressesprecherin Claudia Brück. Laut Urteil darf das Magazin nicht mehr behaupten, dass das Wuppertaler Handelsunternehmen Kakaobauern in Ghana nicht korrekt bezahle. Bei einer Zuwiderhandlung drohen bis zu 500.000 Mark Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Streitpunkt war ein „frontal“-Beitrag vom 16. Mai (die taz berichtete).

Darin hieß es: „Die nackten Zahlen: Über die Leckereien in deutschen Läden kassiert transfair für jeden Sack Kakao umgerechnet etwa 100 Mark an Lizenzgebühren. Den Bauern in Ghana geben sie davon ganze 10 Pfennig ab. 100 Mark ins eigene Täschchen, einen Groschen für den kleinen Bauern. (. . .) Und selbst diesen lächerlichen Groschen hat uns kein Bauer bestätigt.“ Transfair hatte dagegen dargelegt, dass die Bauern nicht von den Lizenzgebühren bezahlt würden, die die Handelspartner für den Erwerb des Gütesiegels für gerechten Handel bezahlten. Diese Gebühren würden zu je einem Drittel für die transfair-Gehälter, Öffentlichkeitsarbeit und Kontrollen verwandt. Die Bauern erhielten von diesen Handelspartnern den vereinbarten doppelten Weltmarktpreis für ihre Kakaobohnen. Im Falle Ghana seien dies allerdings keine Einzelbauern, sondern eine 30.000 Mitglieder starke Genossenschaft. Nur zwei Prozent der Gesamternte würden fair gehandelt. Der Mehrerlös würde zum Teil an alle Bauern ausgeschüttet, zum Teil fließe er in Gemeinschaftsprojekte.

„Eine Entscheidung, die wir respektieren“, erklärte transfair-Geschäftsführer Dieter Overath. „Der Unterschied zwischen Einzelbauer und Genossenschaft scheint aber etwas kompliziert zu sein“, ergänzt er lächelnd. Die Aufteilung der Verfahrenskosten – 7/8 an transfair, 1/8 an „frontal“ – zeigt allerdings, dass transfair bestenfalls Punktsieger ist. So darf „frontal“ weiter behaupten, dass die Kosten für Kontrollen nicht in der Bilanz aufgeführt seien oder dass die Genossenschaft „Chemie verteile“. Dies seien nicht die zentralen Punkte, sondern Meinungsäußerungen, so der Richter.

„Ein Unding“, meint Brück und will zunächst die Urteilsbegründung abwarten. „Die Kosten sind ausgewiesen“, listet sie auf. „Und wir unterstützen dort sechs Projekte mit 800.000 Mark und nicht wie behauptet nur mit 60.000 Mark.“ Zum Vorwurf der „chemischen Keule“ erklärt sie: „Hier müsste die Genossenschaft aus Ghana klagen.“

Weiter behaupten darf „frontal“ auch, dass die Genossenschaft-Vertreter einen „Hochglanz-Jeep, natürlich mit Chauffeur“ fahren. Brück: „Die Genossenschaft betreut ein Gebiet von der Größe Bayerns. Überall ist Dschungel, Straßenbahnen gibt es nicht.“ Aber den Satz hat transfair auch nicht beanstandet. Schließlich ist der Jeep eine Tatsache, alles also eine Tatsachenbehauptung. Das ZDF sieht durch das Urteil seine „kritische Berichterstattung ganz überwiegend bestätigt“. Erst nach Eingang der Urteilsbegründung will man entscheiden, ob wegen der vom Gericht gerügten Aussage Rechtsmittel eingelegt werden.