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Planet HipHop

Afrika Bambaataa übernimmt als Master of Records die kulturelle Verantwortung und legt heute im Sage Club auf

Die Musikhistorie schreibt manchmal komische Geschichten. Eine der absonderlichsten hat Afrika Bambaataa zum Hauptdarsteller: Kaum jemand kennt seine Musik, aber jeder seinen Namen. Vielen gilt Bambaataa als die entscheidende Figur im HipHop, einige meinen sogar, er hat ihn erfunden, und nicht wenige meinen, ohne ihn wäre Dancefloor, wie wir ihn heute kennen, gar nicht denkbar gewesen.

Platten verkauft und so richtig Geld verdient aber hat Bambaataa nur ein einziges Mal. Als HipHop Ende der 70er in New York entstand, war es neben Grandmaster Flash vor allem Bambaataa, der das in den folgenden Jahren gültige Breakbeat-Konzept entwickelte. Sein enzyklopädisches Wissen zu alten Funkplatten, das ihm den Kosenamen „Master of Records“ eintrug, war da nicht hinderlich.

Anfang der 80er begann er zunehmend Elektronik zu benutzen, Vorbild dabei war vor allem die von Bambaataa verehrten Kraftwerk und ihr „Trans Europa Express“, eine Platte, ohne die HipHop nie das geworden wäre, was er heute ist. Viele seiner Tracks aus dieser Zeit würden heute noch manches Techno-Brett verblassen lassen. Kurz darauf adaptierte er nicht nur ausdrücklich afrikanische Einflüsse, sondern fusionierte auch Latin-Rhythmen und Sequenzer-Rattern mit Rap und nahm damit Miami Bass vorweg und in gewisser Weise auch den Brasil Dancefloor, der uns diesen Sommer als Hype heimsuchen wird.

„Planet Rock“, zusammengeschnitten aus Kraftwerk, dem Ennio-Morricone-Soundtrack zu „The Good, the Bad and the Ugly“ und Zeichentricksounds war der einzige Hit, den er in seiner nun ein Vierteljahrhundert währenden Karriere zustande bekommen hat, und es wird wohl auch der einzige bleiben. Doch fast noch wichtiger als die musikalischen Impulse, die er gab, war der grundsätzliche Einfluss, den der „Friedensstifter, Lebenshelfer und spirituelle Berater“ (Village Voice) auf HipHop als Ganzes hatte.

Bambaataa formulierte als Erster die Idee von HipHop als Kultur, in der sich MCs, DJs, Breakdancer und Graffiti-Künstler nicht nur künstlerisch ausdrücken können, sondern innerhalb derer sie auch eine politische und soziale Verantwortung zu übernehmen haben.

Einen offiziellen Rahmen bekamen seine Ideen durch die Gründung der Zulu Nation, einem lockeren Zusammenschluss von HipHop-Heads aus der ganzen Welt. Von ihrem Hauptquartier in der South Bronx aus organisiert die Zulu Nation ganz konkret soziale Hilfsprojekte in amerikanischen Ghettos, außerhalb der USA funktioniert sie eher wie ein Glaubensbekenntnis. Auch hier zu Lande sind die Ideen von Afrika Bambaataa angekommen: Prägende Figuren aus den Anfangstagen des DeutschHop, so die Heidelberger Posse um Advanced Chemistry und Cora E., waren Anhänger der Zulu Nation.

Am kommenden Montag feiert Bambaataa Kahyan Aasim seinen 43. Geburtstag. Pop-Geschichte ist er längst. THOMAS WINKLER

Heute, 21 Uhr, Sage Club, Brückenstr. 1

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