Diskussion versachlichen

betr.: „Autofahrer lassen sich aushalten“, taz vom 12. 7. 00

Ich glaube, mit solchen offensichtlich tendenziösen Studien wird dem Ziel einer Ökologisierung des Verkehrs kein guter Dienst erwiesen.

Ich frage mich zunächst, wie die Autoren bezüglich Busse und Bahnen auf eine Kostenunterdeckung von nur elf Milliarden Mark kommen; allein die Leistungen der öffentlichen Hand für den ÖPNV betrugen nach einem Bericht der Bundesregierung im Jahre 1993 über 32 Milliarden Mark. Möglicherweise wurden in der vorliegenden Studie die Betriebskostenzuschüsse, die ja den wesentlichen Teil der gesamtgesellschaftlichen Kosten ausmachen, einfach unter den Tisch gekehrt.

Weiterhin ist es äußerst fragwürdig, die beiden Zahlen (Autoverkehr 173 Milliarden Mark, Busse und Bahnen 11 Milliarden Mark Defizit) einfach so gegenüberzustellen, ohne sie auf die Verkehrsleistung zu beziehen, und die betrug beim motorisierten Individualverkehr nun einmal 756 Milliarden Personenkilometer gegenüber 142 Milliarden bei Bussen und Bahnen (1998). Berücksichtigt man diese Effekte, gelangt man zu dem Ergebnis, dass Bus- und Bahnfahrer weitaus stärker subventioniert werden als Autobenutzer.

Das Problem ist doch nicht, dass die Subventionen für Busse und Bahnen zu gering sind, sondern dass sie in erster Linie den Zweck haben, der weiteren Zunahme des Autoverkehrs gegenzusteuern. Dass das nicht funktioniert, ist täglich zu beobachten. Ziel muss es daher in erster Linie sein, den Autofahrern die wahren Kosten ihrer Fahrerei anzulasten. Wenn dies tatsächlich durchgeführt wird, erübrigt sich die Subventionierung des öffentlichen Verkehrs weitgehend von selbst, womit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden.

Die Aufrechnerei ist, zumal wenn sie nicht seriös geschieht, meines Erachtens eher kontraproduktiv. [. . .] Eine Versachlichung der Diskussion ist dringend notwendig. FRANK RICHTER, Dresden

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