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Gelöbnis unter verschärften Bedingungen

In Berlin findet heute zum vierten Mal ein öffentliches Bundeswehrgelöbnis statt. Gegner und Befürworter bereiten sich seit langem vor. 2.000 Polizisten und Soldaten sollen für Ruhe sorgen. Demonstration und Aktionen angekündigt

Wie zwei verfeindete Gruppen stehen sich Bundeswehrgegner und -befürworter seit Tagen in der Hauptstadt gegenüber. Jede Regung des anderen wird registiert, jede Äußerung analysiert. Nur die Schützengräben fehlen. Heute um Punkt 18.00 Uhr – wenn 200 Rekruten der Bundeswehr geloben, die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen –, wird sich zeigen, wer in diesem Jahr das Rennen macht: die Antimilitaristen oder Polizei und Bundeswehr.

Die Chancen für die Gegner des Gelöbnisses sind allerdings nicht sehr groß. Das Areal am Bendlerblock, auf dem das militärische Zeremoniell stattfinden wird, gleicht einer Festung. Über 1.000 Polizisten und ebenso viele Soldaten der Bundeswehr sind abkommandiert, um Störungen zu verhindern. Die Straßen der Umgebung sind weiträumig abgesperrt. Beim Rekrutengelöbnis im vergangenen Jahr war es 18 Gegnern gelungen, sich unter die geladenen Gäste zu mischen und die Feier kurzzeitig in eine Performance zu verwandeln. Mitten in der Zermonie waren sie halb nackt und mit roter Farbe beschmiert über den Platz gesprintet. Sekundenlang herrschte Sprachlosigkeit, bis sich die Feldjäger auf die Gelöbnisgegner stürzten.

Eine so gelungene Aktion mit einer noch besseren zu überbieten, ist schwer. Die Bundeswehr hat aus der Lachnummer die Lehre gezogen, dass sich diesmal alle 1.200 Besucher namentlich anmelden mussten. Die Anreise erfolgt geschlossen in Bussen von der Julius-Leber-Kaserne im Norden der Stadt, wo sich die Gäste zuvor einer Personalienüberprüfung unterziehen müssen.

Unterdessen sind in den vergangenen Tagen gefälschte Eintrittskarten für das Gelöbnis aufgetaucht. Sie wurden vor allem in der Umgebung des Bendlerblocks in Briefkästen gesteckt. Aber selbst wenn die täuschend echt aussehenden Karten von den Anwohnern nicht als Fälschungen erkannt werden, weit kommen werden sie damit nicht. Mit diesen Karten werde es keinen Einlass zum Gelöbnis geben, versicherte gestern ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Das zahlenmäßige Aufgebot der Polizei ist so groß, dass den Gegnern nichts anderes übrig bleibt, als „dezentrale Aktionen“ anzukündigen. Die ersten haben bereits stattgefunden: So wurden im Bezirk Kreuzberg mehrere Kriegsdenkmäler mit Farbe beschmiert. Die Polizei beeindruckt das nicht. „Wenn es bei solchen Aktionen bleibt, wären wir sehr zufrieden“, sagt Einsatzleiter Jürgen Schubert. Er ist der Auffassung, „auf vieles“ vorbereitet zu sein.

Die Kampage gegen Wehrpflicht, das Büro für antimilitaritistische Maßnahmen und die die JungdemokratInnen/Junge Linke rufen heute zu einer Demonstration gegen das Gelöbnis auf. Das Motto: Alle Soldaten sind Kampfhunde. Die Abschlusskundgebung findet einige hundert Meter entfernt vom Bendlerblock statt. Um zu verhindern, dass die Zermonie gestört wird, hat die Polizei die Auflage erteilt, dass die Lautstärke nur 55 Dezibel, im Ausnahmefall höchstens 85 Dezibel betragen darf. Schubert kündigt an, dass seine Beamten mit der Zange in der Hand neben der Anlage stehen werden, um bei Bedarf das Kabel durchzutrennen.

PLUTONIA PLARRE

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