Heller Jubel ist der Dank

Wackeln und wedeln wie Poseidon: Die brasilianische Crossover-Band Cabruera mit seltsamen Instrumenten und flauschiger Musik bei den Heimatklängen im Tempodrom

Wenn man die letzten Heimatklänge nur im Radio gehört oder im alten Tempodrom gesehen hatte, freut man sich besonders. Umgeben von industrieromantischen Bauten wirkt das neue Tempodrom nämlich viel großstädtischer, also gegenwärtiger als das alte. Da mag man auch gern mal wieder darüber nachdenken, wer eigentlich Kiki Petermann ist, der die Zigarettenautomaten überall hinstellt. Dazu passt irgendwie auch das angenehm graue Wetter, das schlechter beleumundet wird, als es tatsächlich ist.

Das Publikum, das mittlerweile jünger wirkt, weil man selber älter geworden ist (tatsächlich aber waren wirklich viele Teenager da), liefert dem Mangue-Forró-Sound der Gruppe Cabruera einen Hintergrund, vor dem sich die Musik der hippieesk bis Goa-mäßig gekleideten Brasilianer besonders schön abheben kann.

Cabruera „mischen globale Rock-Blues-HipHop-Techno-Sounds mit den lokalen Forró-Coco-Embolado-Baiao-Roots“ heißt es ein wenig spezialistisch im Programmheft des wahrscheinlich angenehmsten, in jedem Fall portemonnaieschonendsten Berliner Fast-umsonst-und-draußen-Sommerfestivals.

Die Band besteht aus sechs rhythmusbetonten Männern, die teilweise in der Tat recht seltsame Instrumente spielen: pifano, violão, esferografico – was mag das alles sein? Egal. Es ist schön und wird lauter und verweilt nicht zu lange bei den einfachkomplizierten Rhythmen, die immer grad dann vorbeikommen, wenn man Radio Multikulti anmacht. Eingerahmt wird das alles von langhaarig-sympathischen Akustik- und Bassgitarren. Kurz gibt es auch Reggae, dann singen alle a cappella, und schließlich spielen alle auf diversen Percussions gegenläufige Rhythmen; viele Breaks schleichen herum, eine Querflöte mischt sich ein. Haschrauch riecht man häufig.

Die Musiker rennnen und hüpfen auf der Bühne; das Publikum soll mitmachen, was es auch tut. „I love Berlin!“ Einer der Musiker hat perkussive Dinge an seinen Gürtel geschnallt und wackelt und wedelt wie Poseidon mit zwei ausgesprochen wild aussehenden Percussiondingern, damit es noch einen schönen, so theatralischen wie wilden Höhepunkt gibt. Heller Jubel ist der Dank und tanzendes Gewoge. In der „Escobar“ daneben geht’s noch lange weiter. Wunderschön lächelten die, deren Heimatklänge das waren.

DETLEF KUHLBRODT

Fr und Sa 21 Uhr 30, So 16 Uhr im Tempodrom am Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8-11, Friedrichshain