: Strafanzeige gegen Diepgen & Co
Kampfhunde: Über hundert Eltern haben den Senat wegen Körperverletzung und Unterlassung von Sicherungsmaßnahmen zum Schutz vor Bissen angezeigt. Sie werfen den Politikern „bewusste Verharmlosung“ vor. Staatsanwaltschaft prüft
von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA
Seit wenigen Tagen prüft die vom amtierenden Justizsenator Eberhard Diepgen (CDU) wieder eingerichtete politische Abteilung der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige, die sich unter anderem auch gegen Diepgen selbst richtet. Rechtsanwalt Andreas Hagenkötter hat wenige Wochen nach Inkrafttreten der neuen Hundeverordnung im Auftrag von 116 Eltern Strafanzeige gegen den gesamten Senat und einige Ex-Senatoren gestellt.
Den Politikern – vom Regierenden Bürgermeister Diepgen bis zum ehemaligen Justizsenator Körting – wird einfache, gefährliche, schwere oder fahrlässige Körperverletzung, Beihilfe durch Unterlassung notwendiger Sicherungsmaßnahmen zum Schutz vor Hundebissen und „bewusster Verharmlosung“ des Themas seit zehn Jahren vorgeworfen. Zudem haben die Eltern für diejenigen, die Mitglieder des Abgeordnetenhauses sind – Diepgen, Schulsenator Böger, Gesundheitssenatorin Schöttler und Wirtschaftssenator Branoner – die Aufhebung der Immunität beantragt.
Auslöser der Strafanzeige war der Angriff eines Staffordshire-Pitbulls auf ein 9-jähriges Mädchen in Schöneberg wenige Tage nach Inkrafttreten der neuen Hundeverordnung. „Das brachte das Fass zum Überlaufen“, so Anwalt Hagenkötter gestern. Er räumt zwar ein, dass der Vorwurf der strafrechtlichen Verantwortung gegenüber dem Senat durch besorgte Eltern „ungewöhnlich“ ist. Andererseits sei es jedoch „ein nachvollziehbarer Vorgang“. Der Grund: „Die Eltern sind nicht mehr bereit hinzunehmen, dass die zuständigen Politiker ihrer auf den Amtseid geschworenen Verpflichtung nicht nachkommen“, heißt es in der Strafanzeige. Es sei „erschreckend“, dass – so wie in Hamburg – „erst Kinder sterben müssen, bis sich Politiker bewegen.“ Die Prüfung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft wird voraussichtlich mehrere Monate dauern.
Seit Inkrafttreten der neuen Hundeverordnung wurden bei den Veterinärämtern 1.549 meldepflichtige Hunde angemeldet. Bis zum Ende vergangener Woche wurden im Zusammenhang mit Kampfhunden 587 Funkwageneinsätze angefordert. Außerdem wurden 13 „Schwerpunktaktionen“ durchgeführt. Nur in 67 Fällen mussten die Eingreiftrupps der Polizei gerufen werden. Insgesamt wurden 150 Ordnungswidrigkeiten angezeigt und 66 ausgesetzte Hunde sichergestellt. In 19 Fällen verteilten die Beamten Maul- und Beißkörbe. Nur ein einziger Hund wurde in dieser Zeit eingeschläfert. Dabei handelte es sich um den Staffordshire-Pitbull „Tyson“, der das 9-jährige Mädchen angefallen hatte.
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