: Australien zittert schon
Die Südamerikaner und Spaniens Daviscup-Finalisten bestätigen in Kitzbühel ihre derzeitige Tennis-Dominanz
KITZBÜHEL taz ■ Jewgeni Kafelnikow kann einem Leid tun. Lauter Spanier und Südamerikaner um ihn herum, allesamt äußerst versiert auf Sandplätzen, die beim ATP-Turnier in Kitzbühel als Untergrund dienen. Der Russe ist im Viertelfinale förmlich eingekreist von vier Spaniern, zwei Argentiniern und Nicolas Lapentti aus Ecuador. Vor allem das argentinische Sandwunder ging in Kitzbühel weiter. Zusammen mit Mariano Zabaleta stürmte der 23-jährige Agustín Calleri ohne Satzverlust ins Viertelfinale und schaltete dabei den favorisierten Russen Marat Safin aus. Die Argentinier und Brasiliens Gustavo Kuerten haben die spanische Dominanz in diesem Jahr gehörig zurechtgestutzt.
Argentinien hatte in den 80er-Jahren nicht nur Diego Maradona, sondern mit Vilas, Perez-Roldan, de la Peña, Jaite und Mancini auch hervorragende Tennisprofis zu bieten. Nach 1992 gab es eine Durststrecke, und die Spanier hielten ihre „Festspiele auf Sand“ alleine ab. Erst 1998 brachten Mariano Puerta und Zabaleta die Südamerikaner zurück in die Erfolgsspur. 1999 gesellte sich Franco Squillari hinzu, der nach seinem Turniersieg in Stuttgart auf dem Sprung in die Top Ten des ATP-Champions-Race ist. Fünf Argentinier, aber nur vier US-Amerikaner stehen unter den besten 50.
Lediglich die Spanier, angeführt von Alex Corretja, stehen mit sieben Top-50-Spielern besser da, haben aber mit bloß drei Siegen von Moya, Vicente und Corretja in diesem Jahr eine ernüchternde Turnierbilanz. Da kam der Triumph im Daviscup-Halbfinale über die USA gerade recht. Und die Aussicht auf einen Finalsieg, den ersten überhaupt, gegen die Australier im Dezember sind gut. Der 27-malige Titelträger stellt sich jedenfalls bereits auf eine Niederlage ein. „Alle unsere Spieler hassen es, in Spanien auf Sand zu spielen“, sagt Australiens Daviscup-Kapitän John Newcombe.
„Das Niveau ist so ausgeglichen. Du musst heute in jedem Spiel 100 Prozent körperlich und mental fit sein, sonst reicht es nicht“, will Alex Corretja von einem leichten Durchmarsch gegen Australien nichts wissen. Der spanische Ex-Weltmeister, der wie im Frühjahr in Indian Wells auch auf Hartplätzen gewinnen kann, setzt vor allem auf Fitnesstraining, sonst fehle die Kraft in den Beinen. „Nach vier, fünf Stunden auf dem Platz gehe ich zum Laufen oder stemme Gewichte“, berichtet der 26-Jährige aus Barcelona, der es gestern im Viertelfinale mit Zabaleta zu tun bekam.
Kitzbühel selbst hat sich gewappnet, um im Konzert der großen Turniere weiterhin eine wichtige Rolle zu spielen. 1998 hatte der veranstaltende Tennis-Club Kitzbühel dem US-Turnier in New Haven die Lizenz abgekauft und war in die zweithöchste Kategorie aufgestiegen. Seitdem befindet sich der „kleine Ferienort“, wie Turnierdirektor Küchenmeister Kitzbühel gerne nennt, in illustrer Turniergesellschaft mit Weltstädten wie Washington, Indianapolis, London oder Tokio. „Kitzbühel, eines der Top-20-ATP-Turniere weltweit“, wirbt der Ort nun. 800.000 Dollar Preisgeld zahlt vor allem der Hauptsponsor, eine Versicherung. 2001 will man sogar auf eine Million Dollar gehen, um noch mehr Spitzenspieler anzulocken.
„Damit sind wir aber am Limit angelangt“, meint Küchenmeister, der davon überzeugt ist, dass nur so das Überleben der Veranstaltung gesichert werden kann. Die kleineren Turniere, darunter möglicherweise auch München, würden nach und nach von der Bildfläche verschwinden. „15 Turniere müssen noch weg, sonst schrumpft das Interesse noch mehr“, ist der langjährige Kitzbühel-Partner Ion Tiriac ganz rigoros. Im „Wimbledon des Skisports“ kommen die Zuschauer zwar noch, doch vergnügen sie sich mehr im Party- und Animationsbereich als auf dem Center Court. KARL-WILHELM GÖTTE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen