: Schweigen in Wien
Menschenrechtsexperten beginnen Konsultationen in Österreich. Bislang halten sich die „drei Weisen“ bedeckt
BERLIN taz ■ Über 100 Fotografen hatten sich akkreditieren lassen, um den Auftritt der „drei Weisen“ aus dem Euro-Land mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) abzulichten. Für die Fotografen gab es deutlich mehr zu tun als für ihre schreibenden Kollegen, denn das Interesse der Medien stand in direktem Gegensatz zur Auskunftsbereitschaft der drei EU-Experten.
Dem früheren finnischen Ministerpräsidenten Martti Ahtisaari, dem ehemaligen spanischen Außenminister Marcelino Oreja sowie dem am Max-Planck-Institut in Heidelberg tätigen Völkerrechtler Jochen Frowein waren keine Details über die Gespräche zu entlocken. Ahtisaari betonte, dass sie sich bemühten, ihre Arbeit gründlich, aber vor allem zügig zu erledigen. Dass sie jetzt schon in Österreich seien, sei ein Zeichen dafür, dass sie schnell arbeiten wollten.
Eine gewisse Eile ist in der Tat geboten, denn die EU ist durch das für September geplante Volksbegehren, in dem die Sanktionen der EU gegen Österreich beurteilt werden sollen, unter Druck geraten. Frowein wies auf das „sehr intensive“ Programm während ihres Besuches in Wien hin. Am Nachmittag fanden Treffen mit weiteren Regierungsvertretern statt, den Abschluss des ersten Tages bildete dann ein Gespräch mit Bundespräsident Thomas Klestil.
Am Wochendende treffen die drei Weisen mit Vertretern der Opposition zusammen, unter anderem mit dem Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, und dem SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer. Treffen mit Vertretern von Wirtschaft, Gewerkschaften und der Kirchen stehen ebenfalls im Terminkalender der „drei Weisen“.
Den eigentlichen Anlass ihres Besuches, den Rechtspopulisten und zurückgetretenen FPÖ-Chef Jörg Haider, werden die drei Menschenrechtsexperten zunächst umkreisen. FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler kommt zwar am Samstag zu Wort, aber ein Treffen mit Haider selbst ist zunächst nicht vorgesehen. Dabei hatte dieser sich anlässlich der Visite mal von seiner charmanten Seite zeigen wollen und die drei Besucher demonstrativ zu sich nach Kärnten eingeladen, wo er Landeshauptmann (Ministerpräsident) ist. Zur Beurteilung der FPÖ gab es keine konkrete Antwort. Ahtisaari erklärte, man wolle vor den Unterredungen keine Debatten führen. Kollege Frowein zeigte sich mitfühlend mit den Journalisten und ergänzte: „Es ist frustrierend für Sie, aber Sie werden verstehen, dass das notwendig ist.“ NICHOLAS KÖRBER
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