: Strampeln im Dauerregen
■ Heiko Stokloßa und Astrid Benöhr siegen beim Triple-Ultra Triathlon
Samstagnachmittägliche Stille liegt über Lensahn. Vereinzelt spazieren einige Pärchen durch den kleinen Ort zwischen Lübeck und Oldenburg. In den Vorgärten sitzen, von weißen Partyzelten vor der Sonne geschützt, Familien. Hin und wieder unterbrechen sie ihre Unterhaltungen, sehen von ihren Kuchentellern auf und klatschen den unermüdlich an ihren Häuschen vorbeilaufenden Athleten Beifall. Insgesamt 96 Mal konnten die Lensahner, die entlang der 1,3 Kilometer langen Laufstrecke wohnen, die Ausdauersportler passieren sehen. Und selbst nach 30 Stunden machen die Sportlerinnen und Sportler noch einen überraschend frischen Eindruck. Was überrascht: immerhin müssen sie beim 9. Triple Ultra Triathlon insgesamt 11,4 Kilometer schwimmen, 540 Kilometer radfahren und im Anschluss noch dreimal die Marathondistanz durchlaufen, mithin 126,6 Kilometer
Besonders frisch war ein Feuerwehrmann. Nach 35 Stunden, 24 Minuten und 31 Sekunden kam Heiko Stokloßa als Erster ins Ziel. Dabei profitierte er von zwei Dingen: Zum einen von einem kurzen Schlummer, den er zwischenzeitlich eingelegt hatte, und zum anderen davon, dass der Hamburger Fahrradkurier Antonio Fusaro sein hohes Lauftempo nicht die ganze Zeit über aufrecht erhalten konnte und eine gute Stunde nach dem Sieger ins Ziel kam. Vor dem Wettkampf spekulierte alles noch auf einen Zweikampf zwischen Fusaro und dem ehemaligen Weltmeister Matthias Michl. Den Drevenacker hatte die beiden aber nicht auf der Rechnung, und prompt überraschte er sie mit Bestzeiten beim Schwimmen und Radeln.
„So hart war es noch nie. Ich bin froh, dass ich im Ziel bin“, sagte Astrid Benöhr, nachdem sie in der Nacht zum Sonntag in 43:36:45 Stunden das Ziel in dem kleinen Ferienort erreicht und die Zweitplatzierte Silvia Löwner gut vier Stunden hinter sich gelassen hatte. Besonders beim Radfahren muss-ten die Athleten am Wochenende ziemlich strampeln. Der Dauerregen, der nahezu während der gesamten ersten 24 Stunden des Rennens niederging, zehrte an den Kräften und verhinderte Gesamtzeiten in Rekordnähe. „Das war heftig, viele dachten an Aufgeben“, sagte Organisator Wolfgang Kulow, selbst ein anerkannter Ultra-Marathon-Mann. Und tatsächlich warfen vier Männer auf der Radstrecke das Handtuch.
Und so nehmen die Lensahner den dreifachen Triathlon wie ein dreitägiges Volksfest an. Am Freitag macht man einen Bummel ins Waldschwimmbad, abends nach dem Abendessen schaut man, was die Radler denn so machen, und am Sonnabend beim Brötchenholen kann man sie immer noch auf der Strecke beobachten. Und am Sontag trifft sich alles, Zuschauer, Organisatoren und Sportler, zur Siegerehrung und dem anschließenden gemütlichen Beisammensein. Klar seien da auch die Athleten dabei, weist Kulow Unterstellungen wie Konditionsmängel zurück, „da vernichten wir alles, was noch übrig ist“. Aber er muss zugeben, dass nach einer solchen Anstrengung zwei Bier eigentlich reichen für die nötige Bettschwere.
Eberhard Spohd
Die Ergebnisse der WM im Ultra Triple Triathlon in Lensahn; Männer: 1. Heiko Stokloßa 35:24:31, 2. Antonio Fusaro 36:35:49, 3. matthias Michl 38:28:23. Frauen: 1. Astrid Benöhr 43:36:45, 2. Silvia Löwner 47:50:11, 3. Silvia Andonie 54:47:15
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