: Die Jagd im Netz
Beim psychologischen Eignungstest zum „RealityRun“ traten sich die Medienvertreter gegenseitig auf die Füße
Ab heute stehen sie fest, die allerhärtesten Verstecker der Welt, ausgewählt aus 9.000 Bewerbungen. Und innerhalb der nächsten drei Tage wird die Internetgemeinde entscheiden, welcher von ihnen beim ersten „RealityRun“ ab dem 14. August in Berlin gesucht werden wird.
Bei diesem Spiel, der ersten „Internet-Reality-Gameshow der Welt“, müssen sich die „RealityRunner“ in einer Großstadt verstecken, täglich bestimmte Aufgaben lösen – und werden von der Internetgemeinde und „professionellen Internethuntern“ gejagt. Wer den „RealityRunner“ vor dem Ablauf von 24 Tagen entdeckt oder den entscheidenen sachdienlichen Hinweis gibt, bekommt 10.000 Dollar. Bleibt der Spieler unentdeckt, geht das Geld an ihn. Damit niemand schummeln kann, wird der Runner verkabelt und kann so rund um die Uhr per Telefon oder im Internet abgehört werden. Klar, dass es dafür einen psychologischen Aufnahmetest braucht, durchgeführt von der „erfahrenen Medienpsychologin“ Konstanze Fakih, die auch schon die „Big Brother“-Kandidaten auf Herz und Seele prüfte. Dass sie Erfahrung mit Medienbesuchen hat, merkt der Besucher daran, dass der Teppich in ihrer Praxis komplett mit Plastikfolie abgeklebt ist.
Auf einer grün bezogenen Biedermeier-Garnitur sitzen sechs schwarz gekleidete und völlig vermummte Menschen. Sie tragen Namenschilder, auf denen zum Beispiel „Kersosin“ oder „Agent“ steht, und malen ihre Familien als Tiere. Das ist der erste Teil des Tests. Junge Mädchen mit Schirmmützen führen Strichlisten darüber, wer von welchem Sender und von welcher Zeitung gekommen ist.
Im Zimmer nebenan gibt Frau Fakih zwei Kamerateams noch ein kleines Interview vor der Bücherwand. Nachdem sie erklärt hat, dass sich hier durchweg „offene junge moderne Menschen melden“, legt Frau Fakih los: „Are you ready for take off?“, fragt sie und zückt eine Karte mit einem Tintenklecks. „Was könnte das sein?“ Ja, was könnte das sein? „Zwei tanzende Gartenzwerge“ sieht der Vermummte. Frau Fakih schreibt eifrig mit. Natürlich möchte man jetzt gerne wissen, was die „Expertin“ aus dieser Antwort alles ableitet. Es bleibt ein Geheimnis, denn schon zwei Tintenkleckse später ist die Presseaudienz beendet. „Der Intimbereich war genug offen“, erklärt sie den Rausschmiss, man möge Verständnis zeigen. Das war’s.
Und dann steht man wieder im Flur, mit vielen Fragen im Kopf: Was haben Gartenzwerge mit dem Versteckspiel zu tun? Was erzählen sie über den Intimbereich eines Menschen? Und was bringt Pro 7 darüber? Wir bleiben dran. ANNE ZUBER
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