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Spirale der Gewalt

In Burundi droht der Friedensprozess zusammenzubrechen. In Tansania und Kongo wachsen nun die Spannungen mit burundischer Beteiligung

von DOMINIC JOHNSON

Für etwa 450.000 Flüchtlinge im ostafrikanischen Tansania sind schwere Zeiten angebrochen. Das UN-Welternährungsprogramm WFP kürzte am 19. Juli die Rationen für die Flüchtlinge unter seiner Obhut um 40 Prozent – von 600 Gramm täglich pro Person auf 350 Gramm. Der Grund: Es fehlen 7,7 Millionen Dollar.

Dieses lächerliche Defizit droht nun, eine der unruhigsten Regionen der Welt weiter zu destabilisieren. Tansania beherbergt nach eigenen Angaben 664.000 Flüchtlinge, nach UNHCR-Angaben über 480.000; davon kommen 352.000 aus Burundi, 104.000 aus der Demokratischen Republik Kongo. Die Kongolesen und 280.000 Burunder leben in Lagern um die Stadt Kigoma, unweit der burundischen Grenze und nur eine Bootsfahrt vom chaotischen Kriegsgebiet des Kongo entfernt.

Bai Bojang, WFP-Direktor für Tansania, meinte bei der Bekanntgabe der Rationenkürzung: „WFP ist besorgt über zunehmende Unsicherheit in den Lagern wegen der Lebensmittelknappheit. Die Beziehungen zwischen den Flüchtlingen und der tansanischen Bevölkerung in der Nähe der Lager sind bereits gespannt.“ Die Polizei ist mobilisiert, um Unruhen zu verhindern.

Die Lager in Kigoma beherbergen nämlich nicht nur Flüchtlinge. Auch die Hutu-Rebellen Burundis, die gegen die Tutsi-dominierte Militärregierung ihres Heimatlandes kämpfen, haben Basen in Kigoma. Die Rebellen der FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) rekrutieren dort männliche Flüchtlinge. Das tun auch kongolesische Guerillagruppen, die unter dem Sammelbegriff „Mayi-Mayi“ im Osten des Kongo gegen die dortigen Herrscher kämpfen.

Da die tansanisch-burundische Grenze vermint ist, gehen die Rebellen aus Kigoma nicht über Land nach Burundi, sondern über den Tanganyika-See nach Kongo. „Große Zahlen“ von burundischen FDD-Rebellen und kongolesischen Mayi-Mayi-Kämpfern, so lokale Hilfsorganisationen, landen in diesen Wochen per Boot im kongolesischen Fizi. Dort stürzen sie sich in den Krieg sowohl gegen die im Osten des Kongo herrschende Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) wie auch gegen Kongos Tutsi.

„Viele Exilkongolesen finanzieren die Rebellen in Kigoma und die Mayi-Mayi mit ihnen“, sagt Müller Ruhimbika, ein Sprecher der kongolesischen Banyamulenge-Tutsi. „Sie beliefern sie mit Waffen, und die FDD trainiert die Mayi-Mayi militärisch.“

In einem Gebiet des Kongo, das sich von Fizi am Tanganyika-See über Uvira bis nach Bukavu an der Grenze zu Ruanda erstreckt, werden seit Wochen zunehmend heftige Kämpfe gemeldet. Die Banyamulenge sind nach eigenen Angaben „systematischen Massakern“ ausgesetzt. Sie betrachten auch Ruanda, Schutzmacht der hier herrschenden RCD, als Feind. Ruhimbika wirft Ruandas Armee vor, die Mayi-Mayi gegen die Banyamulenge zu unterstützen.

Die eskalierenden Kämpfe zwischen Hutu und Tutsi im Kongo haben inzwischen auch Burundis Tutsi-Regierungstruppen auf den Plan gerufen. Mehrere tausend von ihnen sind in der Region um Uvira präsent, und zugleich bereiten sich Burundis Behörden darauf vor, Banyamulenge-Tutsi aus dem Kongo aus Flüchtlinge aufzunehmen. Zunehmend wird Burundis Bürgerkrieg, der seit 1993 in Burundi 200.000 Tote gefordert hat, im Kongo ausgetragen.

Die Ausdehnung des Burundi-Krieges belastet die Suche nach einem Frieden für das Land, dessen Tutsi- und Hutu-Politiker seit 1996 im tansanischen Arusha verhandeln. Nelson Mandela, seit Ende 1999 Koordinator der Gespräche, legte Mitte Juli einen Entwurf für einen Friedensvertrag vor. Doch inzwischen haben ihn sowohl die FDD-Rebellen wie auch Burundis Präsident Pierre Buyoya abgelehnt.

Seitdem eskalieren auch in Burundi die Kämpfe zwischen Armee und Hutu-Rebellen. Über die Hutu-Viertel der Hauptstadt Bujumbura wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Entgegen einer gegenüber Mandela gemachten Zusage hat Burundis Regierung auch die Wehrdörfer nicht aufgelöst, in denen sie etwa 700.000 Hutu-Bauern aus der Umgebung der Hauptstadt zusammengepfercht hat, um den Rebellen ihre Basis zu entziehen. Weil die Bauern nicht mehr auf ihre Felder können, werden in Burundi Grundnahrungsmittel immer knapper und teurer. Dazu kommt eine schwere Dürre, die weitere Flüchtlinge nach Tansania treiben wird – wo es für sie dann nichts zu essen gibt, sondern nur die Perspektive, im Kongo in den Krieg zu ziehen.

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