: Die Rückkehr der Antje R.
Ex-GAL-Chefin Radcke will wieder GAL-Chefin werden: „In Hamburg beweisen, dass Grüne wieder gewinnen können“ ■ Von Sven-Michael Veit
„Die GAL steht vor völlig neuen Herausforderungen, und ich möchte daran mitwirken, diese erfolgreich zu bestehen“: Mit diesen Worten kündigte die ehemalige Landeschefin der GAL, Antje Radcke, gestern aus dem Urlaub auf Malta gegenüber der taz hamburg ihre Kandidatur als Hamburger Parteichefin an. Die GAL will auf der Mitgliederversammlung am 9. September eine neue Doppelspitze wählen. Die AmtsinhaberInnen Kordula Leites (Linke) und Peter Schaar (Realo) haben ihren Verzicht erklärt.
Es müsse in erster Linie darum gehen, „einen hochmotivierten Wahlkampf“ für die Bürgerschaftswahl im Herbst nächsten Jahres zu führen. „Spätestens dann und gerne in Hamburg“, so Radcke, müssten die Grünen beweisen, „dass sie wieder gewinnen können, gerade aus der Regierung heraus.“
Im Juni noch hatte Radcke eine Rückkehr zur Hamburger Politik ausgeschlossen. Die Parteilinke hatte damals auf dem Bundesparteitag in Münster nach eineinhalbjähriger Amtszeit nicht erneut für den Bundesvorsitz kandidiert. Offizieller Grund war die Zustimmung der Partei zum Atomkompromiss, den sie als „mit grünen Positionen nicht vereinbar“ ablehnte. Allerdings galt Radcke als chancenlos gegen Renate Künast und Fritz Kuhn, die der heimliche Parteichef Joschka Fischer an der Spitze sehen wollte.
Zuvor hatte die jetzt 40-jährige Literaturpädagogin aus Hamburg-Nord bis Dezember 1998 als Landesvorstandssprecherin der GAL entscheidenden Anteil gehabt am Wahlerfolg in der Hansestadt. Im Spitzenduo mit GALionsfigur Krista Sager hatte sie die Partei in eine Koalition mit der SPD geführt, nachdem die GAL im September 97 bei der Bürgerschaftswahl mit 13,9 Prozent das bundesweit beste Wahlergebnis aller grünen Zeiten erreicht hatte.
Radcke tritt am 9. September nach gegenwärtigem Stand gegen drei MitbewerberInnen an. Außer ihr kandidieren für die beiden Pos-ten die 25-jährige Jura-Studentin Heike Opitz aus Eimsbüttel, die sich selbst als „flügelunabhängig und pragmatisch“ einstuft, sowie die beiden Altonaer Hardcore-Realos Kurt Edler und Jo Müller.
Der Lehrer Edler, ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter, dient dem rechten Flügel als einflussreicher Strippenzieher im Hintergrund. Zudem darf er sich der besonderen Gunst von Krista Sager erfreuen, deren erneute Spitzenkandidatur im nächsten Jahr niemand in Zweifel zieht. Das Rhetorik-Talent Müller, einst grüner Bremer Bundestagsabgeordneter und gescheiterter Verleger der Hamburger Rundschau, hatte jedoch kürzlich bei einer flügelinternen „Meinungsbildung“ einen knappen Vorsprung vor Edler. Deshalb sollen beide kandidieren, „auf dass der Bessere gewinnen möge“, wie ein führender Realo ganz ohne ironischen Unterton erzählt.
Die jetzt überraschend angekündigte Kandidatur der profilierten Linken Radcke könnte allerdings viele der bisherigen Taktikspielereien über den Haufen werfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen