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Stilbildende Mitteilungsträger

■ Heute eröffnet die Ausstellung Flyer Soziotope im Mojo Club

In der Tradition des Punk und seiner Skepsis gegenüber Massenmedien sieht Mike Riemel den Flyer, jenes gern als Erfindung des Techno-Zeitalters bezeichnete handliche Printerzeugnis. Riemel hat mehrere tausend – laut Duden – „Prospektblätter“ zusammengetragen, in der von ihm konzipierten Ausstellung Flyer Soziotope finden sich überdies Exponate aus mehreren anderen Sammlungen, insgesamt rund 50.000 Stück mit steigender Tendenz. 1998 erstmals in Berlin gezeigt, gingen die Soziotope wiederholt auf Reisen und gastieren jetzt in Hamburg. In den Lichtkästen vor dem Mojo Club präsentiert sich das Quasi-Leitmedium der Club-Kultur als Teil des öffentlichen Raumes, museale Aspekte halten sich in Grenzen.

Flyer „repräsentieren unsere moderne Kulturgesellschaft durch ihre demokratische Vielfalt“ heißt es zur Ausstellung, nur noch rudimentär klingen da die Momente der Unkontrollierbarkeit aus Punk-Tagen noch an – immerhin gilt es bis heute vielfach, mit Flyern Inoffizielles zu bewerben. Wenig erinnert freilich im Erscheinungsbild noch an die damalige Schneide-, Klebe- und Fotokopiertechnik – Flyerdesign ist spätestens in den 90er Jahren oftmals Leistungsschau von Filter-Plug-Ins und Hardware-Ressourcen geworden. Da korrespondiert die Produktionsweise des Beworbenen nicht zufällig mit der des Werbeträgers: „Was beim Techno das Samplen ist, ist beim Flyer die Bricolage“, so Riemel. Auf technomane Überspannung folgte mancher Gegen- und Gegen-Gegentrend, und so dürften sich in den „Soziotopen“ gleichermaßen analog wie digital gestaltete, überfrachtete wie maßvolle Beispiele der stilbildenden Mitteilungsträger finden.

Alexander Diehl

heute, 20 Uhr, Ausstellungseröffnung mit den DJs Kritt_G, Otaku (Amorph Ind.) u.a., Videos von Border TV (Berlin) und Dias; die Ausstellung ist bis zum 23.8. vor dem Mojo Club zu sehen

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