: Mit 32 Dienstwagen
Nach heftigen Debatten enthebt Nigerias Senat seinen Präsidenten wegen Korruption des Amtes. Neue politische Spannungen befürchtet
BERLIN taz ■ Der bisher größte Korruptionsskandal der jungen gewählten Zivilregierung von Nigeria hat seine ersten Opfer gefordert. Der Präsident des Senats, Chuba Okadigbo, wurde am Dienstagabend seines Amtes enthoben. Die Abgeordneten des nigerianischen Oberhauses stimmten zum Abschluss einer turbulenten Sitzung mit 81 gegen 14 Stimmen für den Sturz Okadigbos, der in einem internen Untersuchungsbericht vergangene Woche für Unterschlagungen und überhöhte Ausgaben in Millionenhöhe verantwortlich gemacht worden war. Haruna Abubakar, Vizepräsident des Senats, und ein weiterer hoher Amtsträger der Kammer traten freiwillig zurück.
Eine senatsinterne Untersuchungskommission, das nach seinem Vorsitzenden benannte „Idris Kuta Panel“, hatte am Dienstag letzter Woche einen Bericht über Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabenpolitik des Senats vorgelegt. Unter anderem hatten sich die Senatoren zwei Millionen Mark für Computer bewilligt, 3,5 Millionen Mark für Straßenlaternen und 500.000 Mark für Schlachttiere zum Weihnachtsfest 1999. Senatspräsident Chuba Okadigbo genehmigte sich 32 Dienstwagen und 650.000 Mark zur Möblierung seiner Privatresidenz. Insgesamt benannte der Bericht Unregelmäßigkeiten von umgerechnet 13 Millionen Mark. Okadigbo wurde aufgefordert, zurückzutreten und 240.000 Mark seines Möbeletats zurückzuzahlen.
Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo, dessen Wahl 1999 über fünfzehn Jahre Militärdiktatur beendete, hat den Kampf gegen Korruption im Staatsdienst zur vorrangigen Aufgabe erklärt. Viele Politiker in Nigeria vermuten aber hinter der Korruptionsuntersuchung finstere Kräfte, die Nigerias demokratische Institutionen schwächen wollen. Der Leiter der Untersuchungskommission, Idriss Kuta, gilt als Freund des früheren Militärdiktators Ibrahim Babangida, und zu seiner Kommission gehört auch Arthur Nzeribe, der 1993 per Gerichtsverfügung die Annullierung der damaligen Präsidentschaftswahlen herbeiführte und Nigeria damit sechs weitere Jahre Diktatur bescherte. Die Kritiker der Untersuchung verweisen auch darauf, dass in anderen Teilen des Staatsapparates sicherlich genauso viel Korruption herrscht wie im Senat.
Der gestürzte Okadigbo ist einer der wenigen Intellektuellen in der nigerianischen Politik und dazu der höchstrangige Vertreter des südostnigerianischen Igbo-Volkes im Staat. Die Igbos, drittgrößte Ethnie Nigerias, fühlen sich traditionell marginalisiert, und einige von ihnen entwickeln zurzeit wieder separatistische Bestrebungen. Die Senatsdebatte erregte unter den Igbos großes Aufsehen. Mitglieder der Igbo-Jugendmiliz „Bakassi Boys“ waren eigens in die nigerianische Hauptstadt Abuja gereist und jubelten Okadigbo zu, als er nach seiner Absetzung das Senatsgebäude verließ.
DOMINIC JOHNSON
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