: Bahnen statt Busse
Bahn AG will den Berliner Nahverkehr umstrukturieren. Lange Buslinien sollen weg. Strieder: Nicht aktzeptabel
Nach ihrem vor knapp zwei Jahren gescheiterten Anlauf zu einer Neustrukturierung des Berliner Nahverkehrs arbeitet die Deutsche Bahn an neuen Plänen. Dabei handle es sich um ein integriertes Verkehrskonzept, sagte gestern ein Bahnsprecher. Die Verkehrsleistungen von Bussen, S-Bahn und Straßenbahnen sollten noch mehr harmonisiert werden. Zu Einzelheiten wolle man sich nicht äußern.
Nach einem Bericht der Berliner Zeitung soll der Nahverkehr unter Einbeziehung des DaimlerChrysler-Dienstleistungstochter debis radikal neu geordnet werden. Wenn die BVG ohne einen starken Partner bleibe, könne sich das Land den Nahverkehr in drei Jahren bald nicht mehr leisten. Das Angebot sei zu groß, hieß es. Lange Buslinien bedeuteten Konkurrenz für die Bahnen und müssten wegfallen. Auch die Straßenbahnen seien wegen der geringen Transportleistung Quatsch. Die ÖTV sprach von einem erneuten Versuch, „neuen Wein in alte Schläuche zu füllen“.
Ziel der Bahnpläne ist es nach dem Bericht, die S-Bahn und die zu den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gehörenden Verkehrsmittel unter dem Dach einer Nahverkehrsholding zusammenzufassen. Im Gegensatz zu früheren Konzepten plane die Bahn nun, dass ein Investor Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen der BVG kaufe. Als Partner sei debis im Gespräch. Die vorgesehenen Betreibergesellschaften würde die Fahrzeuge dann vom Investor mieten. Ein debis-Sprecher sagte, bisher habe es keine Gespräche gegeben.
Im Berliner Nahverkehr soll es nach den neuen Bahnplänen im Jahr 2010 noch 14.300 Beschäftigte geben, 4.000 weniger als heute. Alle sollen „marktkonforme Löhne“ unter dem BVG-Niveau bekommen. Das würde den Landeshaushalt bis 2010 um 3,5 Milliarden Mark entlasten.
Der stellvertretende ÖTV-Bezirksvorsitzende Uwe Scharf erklärte, die Bahn wolle mit aller Gewalt in den Nahverkehrsmarkt eindringen, weil sie sowohl im Fern- wie im Nahverkehr Verkehrsleistungen verloren habe. Ihre Vorstellungen von einem Holding-Modell scheiterten jedoch daran, dass Ende vergangenen Jahres ein Unternehmensvertrag zwischen dem Land Berlin und der BVG als Anstalt öffentlichen Rechts geschlossen wurde, der die Konzessionsvergabe an die BVG bis 2007 regele. Die Gewerkschaft fordere den Senat auf, „sich im Interesse der BVG deutlich zu positionieren“.
Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) erklärte, ihm lägen keine aktuellen Pläne der Bahn vor. Sollte die Bahn daran denken, Angebote zu reduzieren, sei das nicht akzeptabel. Der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler hält eine Kooperation der Nahverkehrsträger zwar für sinnvoll. Bisher habe die Bahn aber eher eine „feindliche Übernahme der BVG“ geplant. Dies könne nicht im Interesse des Landes sein. Merwürdig seien auch Vorschläge, Buslinien zugunsten der Bahnen auszudünnen. DPA/TAZ
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