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Ölpreis höher als im Golfkrieg

Mit mehr als 32 Dollar pro Fass ist das Rohöl so teuer wie seit zehn Jahren nicht mehr. Opec-Staaten wollen erst mal nicht reagieren. Benzinpreis noch nicht so stark betroffen, denn die Benzinknappheit in den USA vermindert sich etwas

von MATTHIAS URBACH

Der Rohölpreis ist so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Gestern stieg der Preis für das Fass Rohöl (159 Liter) der Leitwert-Sorte „Brent“ am Londoner Markt auf deutlich über 32 US-Dollar. Und es sieht so aus, als würde sich am hohen Ölpreis nichts ändern, bis die Ölminister der Erdöl exportierenden Länder (Opec) Ende September erneut zu Beratungen zusammentreffen.

Ende Juli hatte der Preis noch unter 27 Dollar gelegen. Seitdem ist er kontinuierlich angestiegen. Anfang Juli hatte Saudi-Arabien angekündigt, die Produktion um 500.000 Fass anzuheben, und damit den Preis gedrosselt. Doch bis heute blieb es bei dieser Ankündigung. Denn die anderen Opec-Länder haben überwiegend Schwierigkeiten, ihre Förderquoten überhaupt einzuhalten. Und nach dem Selbstverständnis der Opec dürfen sie nur im gleichen Verhältnis angehoben werden. Der Frieden innerhalb der Opec ist der saudischen Regierung also wichtiger als die Verstimmung der USA über die Preise.

Zwei Ereignisse haben den Preis Anfang der Woche weiter klettern lassen: Der venezulanische Premier Hugo Chávez, dessen Regierung die Opec derzeit vertritt, hatte erklärt, jeder plötzliche Preisverfall könne das „Todesurteil“ für Ölproduzenten bedeuten. Und neue Statistiken zeigten, dass die US-Ölvorräte so niedrig sind wie seit 24 Jahren nicht mehr.

Offenbar sind sich die Opec-Staaten uneinig, wie der Ölmarkt einzuschätzen ist. „Es gibt Befürchtungen“, erklärt Klaus Matthies vom Hamburger Institut für Wirtschaftsforschung (HWWA), „dass der Ölpreis wieder genauso kräftig nach unten ausschlagen könnte wie jetzt nach oben“. Erst am Wochenende hatte der algerische Ölminister Chakib Khelil erklärt, man müsse analysieren, wie viel vom hohen Ölpreis wirklich den Fundamentaldaten geschuldet sei – und wie viel auf reiner Spekulation beruhe. Offenbar ist sich die Opec ihrer neuen Macht noch nicht sicher.

Seit etwa eineinhalb Jahren tritt die Organisation geschlossen auf. Davor hatte der Ölpreis zuletzt bei 10 Dollar pro Barrel gelegen. Auch wenn die Einigung über die neue Förderquote im Frühjahr nur unter dem Protest Irans zustande kam oder Saudi-Arabien im Juli vorpreschte – am Ende zogen die Opec-Länder an einem Strang. Gleichwohl ist von ihrer Ankündigung, den Preis unter 28 Dollar stabilisieren zu wollen, nicht viel zu halten. „Nach welchen Kritierien sie auf Preisschwankungen reagieren“, so Matthies, „ist mysteriös.“ Er erwartet aber, dass der Ölpreis langfristig unter 30 Dollar sinkt.

Die Preise wirken sich auch auf die Inflation in Deutschland aus. So stiegen die Großhandelspreise im Juli um 5,8 Prozent gegenüber dem Vormonat – der schnellste Anstieg seit 1989. Die Benzinpreise wird der Ölpreis dagegen vermutlich zunächst nicht sehr beeinflussen: Die hatten sich zuletzt wegen des Benzinmangels in den USA vom Rohölpreis etwas abgekoppelt, waren überproportional hoch – und zuletzt leicht gesunken.

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