piwik no script img

Klage gegen US-Medien wegen EgyptAir-Absturz

Angehörige des Kopiloten bezeichnen Selbstmordthese als Diffamierung und fordern 20 Millionen Dollar Schadenersatz. Weitere Klagen möglich

BERLIN taz ■ Angehörige des Kopiloten der EgyptAir-Maschine, die im vergangenen Oktober vor der US-amerikanischen Ostküste abstürzte, haben mehrere US-Medien wegen Diffamierung verklagt. Die Medien hätten das Ansehen des Kopiloten Gamil al-Batouti beschmutzt, sagte der Anwalt der Familie am Dienstag in Kairo vor Journalisten zur Begründung der Schadenersatzforderung in Höhe von 20 Millionen Dollar gegen die Fernsehsender CNN und ABC sowie das Nachrichtenmagazin Newsweek. Die US-Medien hatten wiederholt über Vermutungen der Ermittler berichtet, wonach Battuti das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz brachte, um Selbstmord zu begehen.

Bei dem Absturz waren alle 217 Menschen an Bord des Flugzeugs, das sich auf dem Weg von New York nach Kairo befand, ums Leben gekommen. Vor einer Woche legte die US-Flugsicherheitsbehörde ihre Erkenntnisse über den Absturz der Boeing 767 vor. Der 1.665 Seiten starke Bericht stellt keine eigene These zur Absturzursache auf, sondern beeinhaltet lediglich die Fakten, die die bisherigen Ermittlungen der Behörde zutage gebracht haben. Sowohl amerikanische als auch ägyptische Medien sahen ihre jeweiligen Vermutungen durch den Bericht bestätigt. Zusammen mit dem Bericht legten die ägyptischen Mitglieder der Ermittlungskommission eine Präsentation vor, die nachweisen soll, dass der Absturz nicht auf einen Selbstmord des Kopiloten zurückzuführen sei.

Die Selbstmordvermutung der US-Medien stützt sich vor allem auf die Aufnahmen des Voicerecorders im Cockpit der Maschine. In Ägypten hatten diese Berichte Empörung hervorgerufen. Man sprach von einer „nationalen Schande“ und hob hervor, für einen streng gläubigen Muslim wie al-Batouti sei ein Selbstmord völlig unvorstellbar. In der Folge hatte es diplomatische Verstimmungen und unbestätigte Berichte über Versuche der Einflussnahme auf die Ermittlungen seitens der ägyptischen Regierung gegeben.

Nach Angaben von Walid al-Batouti, einem Neffen des Kopiloten, erwägt die Familie auch gegen die britische Wochenzeitung Sunday Times und die US-Tageszeitung USA Today gerichtliche Schritte. USA Today hatte vergangene Woche im Zusammenhang mit der Selbstmordthese über Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den Kopiloten berichtet.

Der EgyptAir-Vorsitzende Mohammed Fahim Rayan sagte gestern in einer Pressekonferenz, er sei sich „zu 99 Prozent sicher“, dass der Absturz auf Probleme mit einem Höhenruder und nicht auf eine selbstmörderische Absicht des Kopiloten zurückzuführen sei. US-amerikanische Medien haben diese Version des Unglückshergangs unter Berufung auf Mitlieder der Untersuchungskommission stets ausgeschlossen. CHRISTOPH DREYER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen