„Bin kein Grobmotoriker“

Udo Bölts radelte bislang. Nun möchte der Telekom-Profi auch schwimmen und laufen. Beim Ironman-Triathlon auf Hawaii. Doch mehr als 17 km am Stück ist er nie gejoggt. Schafft er’s trotzdem?

Von FRANK KETTERER

Ein bisschen wundert sich Udo Bölts immer noch darüber, wie sehr die Nachricht eingeschlagen hat. Zu Hause in Heltersberg jedenfalls hat das Telefon zwei Tage nahezu durchgebimmelt, weil immer noch einer anrief von den Medien, der ganz genau wissen wollte, wie der Mann vom Team Telekom nur auf eine so verrückte Idee kommen konnte und nun auch noch unbedingt schwimmen und laufen muss. „Die meisten denken wohl, dass ich nur Rad fahren kann“, sagt Bölts.„Ich bin doch kein Grobmotoriker!“ Bölts: „Ich kann sehr wohl auch schwimmen und laufen – und zwar gar nicht so schlecht.“

Wie gut er’s kann, will der dienstälteste Telekom-Profi am 14. Oktober zeigen, wenn seine Idee beim Ironman Hawaii schmerzbeladene Wirklichkeit wird. 3,8 km Kraulerei im Pazifik folgen 180 km auf dem Rad, bevor die Laufschuhe für den abschließenden Marathon geschnürt werden. Eine „Mischung aus Körperschmerz und Seelenpein“ hat Marc Allen, sechsfacher Sieger auf Big Island, das dreigeteilte Leiden unter der sengenden Hitze Hawaiis einmal genannt. Bölts weiß um die Dinge, die ihn da erwarten, sie ziehen ihn eher an, als dass sie ihn abschrecken. Seine Grenzen auf dem Rad hat er bei mittlerweile neun Tour-de-France-Teilnahmen ausreichend kennen gelernt, nun ist er neugierig darauf, auch „andere körperliche Grenzen“ zu erfahren. „Der Ironman“, sagt er, „ist eine neue Herausforderung. Auf Hawaii starten zu dürfen ist ein Traum von mir.“

Dass der diesen Oktober schon Wirklichkeit wird, hat damit zu tun, dass ein anderer Traum geplatzt ist. Bei Olympia in Sydney hätte der 34-Jährige gerne mitgewirkt, es wären seine ersten Spiele gewesen. Doch irgendwie konnten sich andere deutsche Radler in dieser Saison besser in Szene setzen als er, der bei der Telekom ja mehr zum Helfer taugt. „Schon vor der Tour de France war eigentlich klar, dass ich nicht zum Kandidatenkreis für Sydney gehöre.“ Noch während der Tour hat er sich an seinen zweiten Traum erinnert und, nachdem auch Rudy Pevenage, sportlicher Leiter von Telekom, seinen Segen gegeben hatte, gleich eine der begehrten Wildcards für Hawaii beantragt. Zwar schickten die Organisatoren eine Absage, doch auf Intervention von Lothar Leder, Bölts-Freund und zweimaliger Hawaii-Dritter, sowie Roth-Organisator Detlef Kühnel kam Anfang dieser Woche schließlich doch noch die Startgenehmigung.

Losgehen soll es nach der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt, bei der Bölts vom 13. bis 17. September noch unterwegs ist. Dann aber will er das Fahrrad meist in der Ecke stehen lassen und sich dem Schwimmen, vor allem aber dem Laufen widmen. „Beim Marathon weiß ich überhaupt nicht, was mich erwartet“, gibt Bölts zu. Mehr als 17 km ist er bisher noch nie gerannt, wie ihm eh Ausdauerbelastungen über acht, neun Stunden fremd sind – im Radfahren kommen solche Extreme selten vor. „Das ist ein ganz neuer Bereich, in den ich da vorstoße“, vermutet er, schon deshalb will er sich keine Zeit vornehmen, sondern einfach nur ins Ziel kommen, finishen, wie das so heißt, möglichst noch bevor die Sonne wieder im Meer versinkt. Dass er die Torturen Hawaiis prinzipiell bestehen kann, glaubt auch Telekom-Arzt Lothar Heinrich. „Die Grundausdauer hat Udo sicher, vom Trainingszustand her dürfte es also keine Probleme geben.“ Wichtig sei es nun, die anderen Bewegungsabläufe zu trainieren, jene, die auf dem Rad sonst keine so große Rolle spielen.

Der Rest ist ohnehin Wille, eiserner Wille. Und Kampf gegen den inneren Schweinehund. Gut möglich, dass dem Mann aus Heltersberg beim Showdown auf der Marathonstrecke jener fast schon legendäre Satz weiterhilft, mit dem er einst seinen Mannschaftskollegen zum Tour-Sieg getrieben hat. „Quäl dich, du Sau“, rief er Jan Ullrich zu. Auf Hawaii ist er es, der sich quälen muss.