Nazis gegen „Bild“

Rechtsextreme marschieren vor Springer-Verlag in Hamburg auf und fordern: „Enteignet Springer“. Polizei drängt Gegendemonstranten zurück

HAMBURG/BERLIN taz ■ Mit Sprechchören „Presse lügt – Argumente statt Verbote“ sind gestern in der Hamburger Innenstadt rund 100 Neonazis vor dem Axel-Springer-Verlag aufmarschiert. Die „Mahnwache“ war von den Hamburger Neonazi-Führern Christian Worch und Thomas „Steiner“ Wulff unter dem Motto „Gegen Lügen und Hetze der Bild-Zeitung – enteignet Springer“ angemeldet und Freitag Nacht unter Auflagen vom Bundesverfassungsgericht genehmigt worden. Erstmals seit einem Jahr wollte die Hamburger Innenbehörde einen Aufmarsch verbieten, weil sie die Aktion als Tarnveranstaltung zum 13. Gedenktag für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess eingestuft hatte.

Das ganze Gelände um das Springer-Hochhaus war mehrere Stunden von einem Polizei-Großaufgebot mit Wasserwerfern, Panzern und Gittern abgeriegelt worden. Während der Kundgebung kam es an den Straßensperren zu spontanen Gegendemos. Rund 1.000 Menschen hatten sich unweit des Springer-Hochhauses zusammengefunden. Die Polizei drängte die Gegendemonstranten – teils mit Schlagstöcken – zurück.

In seiner Rede wetterte Worch gegen die Bild-Zeitung als lügnerisches Blatt. Bild hatte vor zwei Wochen im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag in Düsseldorf über die Neonazi-Szene in Hamburg berichtet und Worch und Wulff als Drahtzieher für das neonazistische Netz in Deutschland genannt.

Bereits am Samstag hatten 2.500 Menschen unter dem Motto „Hamburg gegen Nazi-Terror“ demonstriert. In Rostock protestierten 1.000 Menschen gegen rechts, in Eisenach 300. Nach einer Reihe rechter Vorfälle nahm die Polizei in Thüringen 78 Personen vorläufig fest. So wurden in Gera 19 Neonazis von einem Demonstrationsversuch abgehalten, die Klebezettel zum Hess-Todestag dabei hatten. ARD-Talkmasterin Sabine Christiansen berichtete, regelmäßig von Rechten bedroht zu werden. Alle Sendungen sollten zum Schutz der Gäste durch die Polizei gesichert werden. KAI VON APPEN