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Beim Zwangspfand für Dosen geht es um SymboleIndustrie verweigert Verantwortung

Die Getränkedose ist ein Symbol. Das Aluminiumgefäß verkörpert die Wegwerfgesellschaft: schnellen Konsum und sinnlosen Verbrauch teuren Materials. Die gammeligen Dosen in Wäldern und Parks illustrieren die Verschandelung der Natur.

Auch das Zwangspfand ist ein Symbol. Es ist ein Eingriff in die Produktpolitik der Unternehmen. Ein ordnungsrechtlicher Eingriff des Staates. Genau das, was die Wirtschaft am meisten hasst. Deren Spitzenverbände BDI und DIHT haben deshalb zum Angriff geblasen. Sie wollen weder eine Abgabe noch ein Zwangspfand auf Einweg. Vielleicht was Freiwilliges, deuten sie nebulös an.

Eine merkwürdige Haltung. Als 1991 die Verpackungsverordnung unter Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) eingeführt wurde, hatten viele eine steigende Mehrwegquote gefordert. Die Industrie konnte den Anteil nicht einmal stabil halten.

BDI und DIHT hoffen nun aufs Kanzleramt, das schon bei den Altautos half. BDI-Chef Hans-Olaf Henkel forderte gar zum Autogipfel noch einen Dosengipfel. Dieser Vergleich von Blech mit Blech müsste eigentlich die Automanager auf die Palme bringen. Gibt es denn nichts Wichtigeres, als ausgerechnet Dosen zur Chefsache zu erklären?

Die kleinen – eigentlich betroffenen – Wirtschaftsverbände waren schon bereit, sich sogar auf eine Zwangsabgabe einzulassen, bei der nicht der Verbraucher ein Pfand bezahlt, sondern die Hersteller direkt eine Strafgebühr abführen. Doch die Spitzenverbände fürchteten Präzedenzfälle.

Die Umweltverbände sind dagegen erstaunlich ruhig. Sehr gefasst haben sie die Ökobilanz akzeptiert, nach der die lange bekämpfte PET-Mehrwegflasche der aus Glas sogar leicht überlegen ist. Wenig Protest auch gegen die von Bundesumweltminister anvisierte Höhe des Zwangspfandes von nur 15 bis 30 Pfennig pro Dose, die zwar einen Rücklauf garantieren würde, sicher aber keine abschreckende Wirkung für den Verbraucher hätte. Schließlich muss er auf eine Mehrwegflasche genauso viel Pfand zahlen. Einweg wird nicht dadurch umweltfreundlich, dass man es zurückgibt. Von der Steigerung der Mehrwegquote redet niemand mehr.

Dosen und Einwegflaschen haben einen Anteil von etwa einem Promille an der gesamten Umweltbelastung. Das ist sicher nicht so viel. Würden alle Getränke in Mehrweg gefüllt, würde das aber immerhin zwei Prozent betragen zum Klimaschutzprogramm der Bundesregierung.

Entscheidend ist die symbolische Bedeutung: Beim Zwangspfand geht es darum, ob die Industrie bei Versagen zur Rechenschaft gezogen wird. Und ob sie Verantwortung für ihre Produkte übernehmen muss. Das ist eine der wichtigsten Fragen moderner Umweltpolitik. MATTHIAS URBACH

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