: Ja mir san mim Radl da ...
■ Über drei Jahre nach Antrag auf Radparkplatz reagiert das Amt für Staßen und Verkehr – mit Vertröstung / Bürger dürfen Fahrradständer nicht mehr selbst zahlen
Marion Eichstädt ist ein geduldiger Mensch. Dreieinhalb Jahre hat sie auf einen Bescheid des Amts für Straßen und Verkehr gewartet. Dann fragte die Mutter von zwei Kindern nach, was mit den Fahrradständern wird, die sie im Dezember 1996 beantragt hatte.
Damals war alles ganz schnell gegangen: Schon im Januar 1997 hatte das Amt sie aufgefordert, mögliche MitnutzerInnen für die vier Metallbügel zu benennen, die sie vor ihrem Haus auf eigene Kos-ten errichten wollte. Postwendend reichte sie eine Liste mit 20 Unterschriften aus der Nachbarschaft am Brommyplatz ein und hoffte auf baldige Genehmigung. Aber aus dem Amt kam nichts. Kein Wort mehr.
Vor zwei Wochen war die Lehrerin das Warten leid und erkundigte sich schriftlich, wie es mit der Umwidmung des Autoparkplatzes in Fahrradabstellplätze stehe. Über die Antwort des Straßenverkehrsamtes staunte sie nicht schlecht. Zunächst wurde sie aufgeklärt, dass auch andere Bürger Anliegen an das Amt haben: „Seit längerer Zeit erhalten wir viele Eingaben von Bürgern und Institutionen, die um ihre Sicherheit und Gesundheit besorgt sind.“ Darauf folgt ein Einblick in die vielfältigen Tätigkeitsfelder des Amtes: Lenkung von Schwertransporten, Regelung von Baustellen, Bekämpfung von Unfallschwerpunkten, Erarbeitung von Straßenbetriebsplänen – da müsse man „zwangsläufig Prioritäten bei der Erledigung unserer Aufgaben setzen“. Zumal „auch die Straßenverkehrsbehörde von Stelleneinsparungen nicht verschont“ geblieben sei. Darum bittet die gebeutelte Behörde „um Verständnis, dass wir Ihr Anliegen voraussichtlich nicht in angemessener Zeit erledigen können“. Angemessene Zeit? Von den vergangenen drei Jahren ist dort keine Rede.
Wie auch? Der ursprüngliche Antrag ist in der Behörde längst verloren gegangen. Auch dass das von ihr angestrebte Verfahren seit geraumer Zeit nicht mehr praktiziert wird, teilte man Marion Eichstädt nicht mit: Anwohner der Heinrich-Heine-Straße haben sich einen jahrelangen Nachbarschaftsstreit um die Fahrradständer geliefert, der schließlich 1998 vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) sein vorläufiges Ende fand. Das Straßenverkehrsamt musste dort die Fahrradständer wieder rausreißen. Außerdem verdonnerte das OVG die Stadt, sich eine neue rechtliche Grundlage für die Umwidmung der Straßenflächen zu suchen und den Umbau dann auch selbst zu finanzieren. Andernfalls handele es sich um eine „Bereitstellung öffentlicher Straßenflächen zur Privilegierung privater Interessen“ – auch wenn jeder die privat finanzierten Ständer nutzen könne.
Unter Bausenator Bernt Schulte (CDU) hieß die Devise stets „abwarten“. Nach dem Urteil wurden gar keine neuen Anträge bewilligt. Inzwischen wagt das Bauressort aber wieder zaghafte Versuche, gebremst durch den engen Haushalt: Ausgerechnet an der umkämpften Heinrich-Heine-Straße soll es wieder losgehen. Die Fahrradständer sind zwar noch nicht wieder da, aber Schilder künden schon von ihrer Rückkehr. Die Gegner stehen ebenfalls in den Startlöchern: Eine Anwältin aus der Nachbarschaft will wieder klagen. Bauressort-Sprecher Holger Bruns hofft aber, „in diesem verminten juristischen Gelände eine Lösung“ zu finden.
Erst wenn das gelungen ist, kann auch Marion Eichstädt mit einer Prüfung ihres in die Jahre gekommen Antrags rechnen. jank
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen