: Der Strom ist Daum
Die Verpflichtung des Bundestrainers in spe als RWE-Werbeträger revolutioniert den deutschen Fußball
BERLIN taz ■ Wes Geistes Kind Berti Vogts ist, wusste man endgültig, als er im Dienste des Joghurts auf einer Wiese herumlümmelte und sich diebisch freute, dass die umstehenden Kühe besser mit dem Ball umgehen konnten als die meisten seiner Auswahlkicker. Christoph Daum könnte so was nicht passieren. Der dräut lieber mit wildem Fakirblick in die Kameralinse und jeder arglose Plakatbetrachter weiß, wenn ich jetzt nicht sofort seinen Strom kaufe, schickt der mir garantiert einen Psychologen ins Haus, oder Ulf Kirsten, oder kommt am Ende gar selbst.
So gesehen ein genialer Schachzug vom Energiekonzern RWE, den mutmaßlichen künftigen Bundestrainer für kolportierte 10,2 Millionen Mark ein paar Jährchen als Werbeträger zu gewinnen, nachdem Don King offenbar abgesagt hat. „Mutmaßlich“ nicht etwa deshalb, weil Amtsverwalter Ruuudi möglicherweise von Premiere World zu einem Klebstoffhersteller wechseln und seinen Sitz nicht mehr räumen könnte, sondern: Warum sollte Daum jetzt noch so verrückt sein, sich mit dem DFB einzulassen? Schließlich ist er der erste Bundestrainer, der schon vor Amtsantritt ausgesorgt hat, warum also seinen guten Ruf durch eine solch anrüchige Sache wie Länderspiele aufs Spiel setzen. Dass da in den nächsten zehn Jahren kein Ruhm zu erwerben ist, hat sich sogar bis zu den Kühen auf Bertis Wiese herumgesprochen.
Trotzdem braucht der DFB nicht zu verzweifeln, denn die Zukunft des deutschen Fußballs in Zeiten allseitiger Käuflichkeit ist so klar wie Mayer-Vorfelders Blick: Daum wird Bayern-, Völler Bayer-Trainer, Hitzfeld geht zum AC Mailand, wirft dort Oliver Bierhoff raus, der ja zufälligerweise Sohn des RWE-Direktors Rolf Bierhoff ist und Daum als designierten Bundestrainer ablöst, nicht aber als Werbeträger für RWE. Zum Trost erhält er einen Fünfjahresvertrag bei Vidal Sassoon über 20 Millionen, wenn er verspricht, dass im Umkreis des DFB niemals wieder irgendjemand eine Frisur wie Rudi Völler tragen wird. Und Reiner Calmund? Klare Sache. Schließlich braucht die Fußball-WM 2006 noch ein Maskottchen. 10,2 Millionen für sechs Jahre und die Sache ist geritzt. MATTI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen